30.04.2024

Auf der Internetsete des Reisebüros verklickt? Anfechtung gegen hohe Stornierungsgebühren gescheitert

Das AG München hat in einem Rechtsstreit um Ansprüche auf Rückerstattung aus einem Reisevertrag eine Klage auf Zahlung von 4.000 € abgewiesen. Die Stornierungsgebühren seien in dieser Höhe rechtswirksam entstanden. Der Kläger hatte sich darauf berufen, seine Reise nur versehentlich storniert zu haben. Dies hielt das AG jedoch für nicht glaubwürdig, da die Stornierung im Internet einen komplizierten Prozess in fünf Schritten voraussetze.

AG München v. 18.4.2024 - 275 C 20050/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte bei der Beklagten zum Preis von ca. 4.500 € eine 9-tägige Reise für sich und seine Ehefrau im Juni 2023 nach Faro (Portugal) gebucht. Im Anschluss stornierte der Kläger im Internet auf der Homepage der Beklagten die Reise. Die Beklagte buchte sodann vom Konto des Klägers Stornierungsgebühren in Höhe von ca. 3.900 € ab. Der Kläger leitete daraufhin am selben Tag eine E-Mail an die Beklagte weiter, um die Stornierung rückgängig zu machen.

Der Kläger behauptet, er habe erst nach Buchung der Reise erfahren, dass neben dem Hotel eine Baustelle liege. Er habe sich zudem im Internet lediglich über eine Umbuchung informieren wollen und habe unbeabsichtigt wegen der Unübersichtlichkeit der Homepage die Reise storniert. Er habe deswegen die abgegebene Willenserklärung zur Stornierung angefochten.

Die Beklagte trug vor, der Kläger habe keine genauen Angaben über die besagte Baustelle getroffen. Im Übrigen sei die Buchung wirksam storniert worden. Für die endgültige Stornierung seien mehrere einzelne Schritte erforderlich gewesen. Eine unbeabsichtigte Kündigung sei im System unmöglich. Dem Reiseveranstalter sei durch den Rücktritt des Kunden hingegen ein Schaden entstanden.

Das AG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der unstreitig zwischen den Parteien geschlossene Reisevertrag wurde vom Kläger wirksam storniert. Eine wirksame Anfechtung der Stornierung aufgrund eines Irrtums in der Erklärungshandlung nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist nicht gegeben.

Zwar gab der Kläger an, die Homepage der Beklagten sei für ihn unübersichtlich gewesen, da diverse Klicks erforderlich gewesen seien.

Es kann grundsätzlich nach der allgemeinen Lebenserfahrung sein, dass man versehentlich einmalig etwas anklickt, was dem eigentlichen Willen nicht entspricht. Es erscheint jedoch lebensfremd, dass bei der Durchführung eines Vorgangs wie hier der Buchungsstornierung mit insgesamt fünf verschiedenen Schritten jedes Mal ein "Verklicken", und damit ein Irrtum in der Erklärungshandlung vorgelegen haben soll.

Aus den von der Beklagtenpartei vorgelegten Anlage ergibt sich insoweit, dass der Kläger für eine endgültige Stornierung der Reise erst mehrere einzelne Schritte durchführen musste: Zur Auslösung des endgültigen Stornierungsvorgangs musste der Kläger insgesamt viermal aktiv per Mausklick bestätigen, dass er eine Stornierung wünsche.

Dabei musste er bei Schritt 1 zunächst angeben, aus welchem Grund er seine Reise stornieren wollte. Im Anschluss bei Schritt 2 musste der Kläger angeben, was genau er stornieren wollte. Bei dem darauffolgenden Schritt 3 wurde der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Auswählen "Buchung stornieren", die Stornierung durchgeführt, und im Namen des Reisenden eine Rückerstattung beantragt werde. Erst durch Anklicken dieses Feldes gelangte der Kläger zum letzten und 4. Schritt, wo nochmals um Bestätigung gebeten wurde, dass tatsächlich mit der Stornierung fortzufahren sei.

Dass das Anklicken versehentlich geschah und nicht dem Willen des Klägers entsprach, ist aufgrund des dargelegten Vorgangs für das Gericht nicht nachvollziehbar. Ein Irrtum in der Erklärungshandlung durch Vertippen sieht das Gericht hier dementsprechend nicht gegeben. Es ist vielmehr davon nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass dem Kläger bewusst gewesen sein muss, dass er bei Durchführung des gesamten Buchungsvorgangs eine endgültige Stornierung vornahm - und nicht bloß wie von ihm vorgegeben - eine Umbuchung.

Der unstreitig zwischen den Parteien geschlossene Reisevertrag wurde somit wirksam storniert.

Die Beklagte war zudem berechtigt, aufgrund des Rücktritts vom Vertrag durch den Kläger vor Reisebeginn einen Betrag in Höhe von 3.900 € als angemessene Entschädigung im Sinne von § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB zu verlangen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte schlüssig dargetan hat, dass sie bei der Buchung der einzelnen Leistungen, nämlich der Flüge und des Hotels, jeweils in Vorleistung gehen musste. Die Gesamtaufwendungen der Reiseleistungen beliefen sich hierbei auf 4.000 €.

Die Klagepartei kann sich hingegen nicht darauf berufen, sie habe ein Anspruch auf Rückerstattung aufgrund Ziffer 9. der AGB der Beklagten.

Die pauschale Behauptung des Klägers, es habe neben dem Hotel eine Baustelle gegeben, führt nicht zu einer vertraglichen Pflicht der Beklagten, alternative Lösungen anbieten zu müssen.

Insoweit fehlt es bereits - so wie von der Beklagten zutreffend angegeben - an einem schlüssigen und konkreten Vortrag dahingehend, dass von der behaupteten Baustelle ausreichender Baulärm ausging, der zu einem nicht unwesentlichen Reisemangel geführt habe. Auch eine entsprechende Mängelanzeige, so wie vom Gesetz gefordert, erfolgte nicht.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Stornopauschalen in Reiseverträgen unter Geltung des neuen Pauschalreiserechts
David Ullenboom, RRa 2022, 55

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AG München PM Nr. 15 vom 29.4.24
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