16.09.2020

Begünstigtes Betriebsvermögen: Junges Verwaltungsvermögen bei Aktivtausch

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Michael Marfels RD a.D.

Im Verfahren vor dem BFH war die Begünstigung der Kommanditbeteiligung an einer KG, zu deren Betriebsvermögen (BV) innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Erbfall festverzinsliche Wertpapiere gehörten, streitig. In diesem Zeitraum erfolgten Umschichtungen, indem Erlöse aus fälligen Geldanlagen erneut in solche Wertpapiere investiert und aus flüssigen Mitteln zusätzliche Erwerbe vorgenommen wurden. Das Betriebs-FA vermerkte im Feststellungsbescheid für den nach § 13b ErbStG begünstigten KG-Anteil nachrichtlich den anteiligen Wert am nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögens i.H.v. … €. Das FA erließ auf dieser Basis den ErbSt-Bescheid gegen die Klägerin (Kl.). Mit erfolgloser Klage hatte sie geltend gemacht, es sei lediglich ein Aktivtausch von Vermögen erfolgt.

Der BFH hat die Revision der Kl. als unbegründet zurückgewiesen: Die Begünstigung für BV ist um den Anteil für junges Verwaltungsvermögen zu kürzen.

Steuerbefreiung für begünstigtes BV: Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F., der trotz vom BVerfG festgestellter Unvereinbarkeit mit Art. 3 GG bis zur Neuregelung anwendbar ist, bleibt der Erwerb eines Anteils an einer KG als Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des EStG zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. entfällt die Begünstigung, wenn das BV zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Auch wenn das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50 % beträgt, das BV also grds. begünstigt ist, ist solches Verwaltungsvermögen, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war, als sog. „junges Verwaltungsvermögen“ gem. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F von der Begünstigung ausgeschlossen. Ob junges Verwaltungsvermögen vorliegt, ist für jedes einzelne Wirtschaftsgut (WG) zu entscheiden. Es erfolgt keine Saldierung oder gattungsbezogene Betrachtung verschiedener WG. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.

Die Verwaltung bezieht in R E 13b.27 Satz 2 ErbStR 2019 die Vorschrift auf das einzelne WG, so dass zum jungen Verwaltungsvermögen nicht nur innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums eingelegtes Verwaltungsvermögen gehört, sondern auch solches, das innerhalb dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt wurde, auch wenn dies durch Umschichtungen von einem bereits länger zum BV gehörenden WG in ein anderes WG geschieht. Im Schrifttum wird teilweise die Umschichtung wegen fehlender Missbrauchsgefahr für begünstigungsunschädlich erachtet.

Maßgebend ist das einzelne WG: Mit den Worten „solches Verwaltungsvermögen i.S.d. Satzes 2 Nr. 1 bis 5“ in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist jeder einzelne Vermögensgegenstand gemeint (vgl. § 240 Abs. 1 i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). „Verwaltungsvermögen“ kann zwar einen Gattungsbegriff darstellen, steht aber in der Vorschrift nicht isoliert. Der Hinweis "solches" und die in Bezug genommene Aufzählung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG a.F. verdeutlichen, dass die einzelnen WG des jungen Verwaltungsvermögens gemeint sind. Außerdem kann sich die dort vorgesehene Zurechnung für jedes einzelne WG unterschiedlich darstellen, so dass sie denknotwendig auf das einzelne WG zu beziehen ist.

Keine Reduktion auf Missbrauchsfälle: Eine Reduzierung der Vorschrift durch teleologische Reduktion auf eine konkrete missbräuchliche Gestaltung im Einzelfall, z.B. bei Verknüpfung der Anschaffung oder Herstellung mit einer Privateinlage, ist nicht möglich. Da der Tatbestand der Norm kein Missbrauchselement enthält, ist im Streitfall nicht zu prüfen, ob ein Missbrauchsfall vorliegt oder nicht. Umschichtungen, auch innerhalb des Verwaltungsvermögens können betriebswirtschaftlich sinnvoll und angezeigt sein und trotzdem grundsätzlich zu jungem Verwaltungsvermögen führen.

Die Vorschrift ist nicht auf Fälle der Einlage von Verwaltungsvermögen aus dem Privatvermögen innerhalb der Zwei-Jahres-Frist beschränkt, da die „Einlage“ gerade nicht gesetzliches Tatbestandsmerkmal geworden ist wie z.B. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG a.F. zeigt. Zum anderen könnte der Zweck der Vorschrift, Missbräuche durch kurzfristige Einlagen aus dem Privatvermögen zu verhindern, so nicht erreicht werden. Eine derartige Eingrenzung wäre ohne weiteres durch Einlage eines nicht zum Verwaltungsvermögen gehörenden WG und Erwerb von Verwaltungsvermögen aus der so erlangten Liquidität zu umgehen. Im Streitjahr wäre dies sogar noch durch Einlage von Finanzmitteln möglich gewesen, denn Geldforderungen, die nicht Wertpapiere oder Wertpapieren vergleichbar sind, wie etwa Sparanlagen und Festgeldkonten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Bargeld, rechneten seinerzeit noch nicht zum jungen Verwaltungsvermögen.

Hiernach hatte die KG in Gestalt der Zugänge im Wertpapierdepot innerhalb der Zwei-Jahres-Frist junges Verwaltungsvermögen erworben. Der Erwerb der Kl. ist insoweit nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. steuerfrei.

Der BFH schließt sich bei der Frage des „jungen Verwaltungsvermögens“ der Auffassung der Verwaltung an, wonach es auf die Dauer der Zugehörigkeit jedes einzelnen WG zum BV ankommt. Werden also mehr als zwei Jahre zum BV gehörenden WG des Verwaltungsvermögens veräußert und der Erlös in gleichartige WG reinvestiert, sind die so angeschafften WG als junges Verwaltungsvermögen nicht begünstigt.

Beachten Sie: Kurz vor einer Schenkung oder einem erwarteten Erbfall erfolgte Umschichtungen von älterem Verwaltungsvermögen (an Dritte überlassene Grundstücke, Kapitalanlagen etc.) in anderes Verwaltungsvermögen mögen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass hierdurch die für älteres Verwaltungsvermögen geltende Begünstigung bei der Erbschaftsteuer entfällt, auch wenn der Anteil des Verwaltungsvermögens nicht mehr als 50 % beträgt.

BFH v. 22.1.2020 ‑ II R 8/18, ErbStB 2020, 282

 

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