Saldierung eines positiven Kapitalkontos mit negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten
Bei der Feststellung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Kommanditgesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer darf nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG ein positives Kapitalkonto des Erblassers nach Ansicht des FG Düsseldorf (FG Düsseldorf, Urt. v. 20.10.2017 – 4 K 3022/16 F, ErbStB 2018, 7) nicht mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten saldiert werden.
Im Urteilsfall war der Erblasser Kommanditist einer GmbH & Co. KG (H KG). Weitere Kommanditisten waren O und R. Persönlich haftende Gesellschafterin der H KG war die H GmbH. Der Erblasser verstarb am 7.5.2014. Die Klägerin ist die Schwester des Erblassers, die den Erblasser allein beerbt. Am Todestag wies das für den Erblasser bei der H KG geführte Kapitalkonto einen positiven Wert auf. Die für die Kommanditisten O und R bei der H KG geführten Kapitalkonten wiesen negative Werte auf.
Die Klägerin gab beim beklagten Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, mit der sie den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG mit einem negativen Wert angab. Hierzu gelangte sie, indem sie das positive Kapitalkonto des Erblassers mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammenrechnete. Die H KG sei zum Todestag des Erblassers überschuldet gewesen. Der Anteil des Erblassers an der Gesellschaft sei deshalb mit 0 € anzusetzen. Die H KG habe ihr Handelsgeschäft aufgegeben und die Liquidation eingeleitet. Wertzuwächse seien nicht mehr zu erwarten gewesen. Eine Rückzahlung der Einlage des Erblassers sei aus diesem Grunde ausgeschlossen gewesen. Ein fremder Dritter hätte für den Anteil des Erblassers nur einen Betrag gezahlt, der dem saldierten Wert der Kapitalkonten sämtlicher Kommanditisten entsprochen hätte. Dem folgte das Finanzamt nicht und hatte für die Klägerin einen positiven Wert des KG-Anteils festgestellt.
Das FG Düsseldorf hält die Klage für unbegründet. Das beklagte Finanzamt habe den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG zu Recht mit einem positiven Wert festgestellt.
Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG sei der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG genannten Personengesellschaft dergestalt zu ermitteln und aufzuteilen, dass die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen seien. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung („dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen“) sei es nicht zulässig, ein positives Kapitalkonto des Gesellschafters, dessen An-teil zu bewerten ist, mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten zu saldieren. Insbesondere sei hiernach eine Bereinigung des dem betreffenden Gesellschafter zuzurechnenden positiven Kapitalkontos mit etwaigen negativen Kapitalkonten anderer Gesellschafter nicht vorgesehen (vgl. in diesem Sinne auch Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, BewG, 4. Aufl., § 97 Rz. 36 Beispiel 5 sowie – nichttragend – FG Köln, Urt. v. 5.2.2009 – 9 K 3686/07, EFG 2009, 1523).
Konsequenzen für die Praxis: Im Rahmen von § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist nur der Anteil des Erblassers zu bewerten, der Gegenstand des Erwerbs ist (Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, BewG, § 97 Rz. 27). Maßgebend ist hierbei nur der Wert des Anteils des Erblassers am Bewertungsstichtag (§ 12 Abs. 5 ErbStG). Es kommt mithin nicht darauf an, wie sich die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft nach dem Bewertungsstichtag (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11, 12 Abs. 5 ErbStG) auseinandersetzen (§§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Gemäß § 155 Abs. 1 HGB sind nämlich erst nach der Berichtigung der Schulden etwaige aktive und passive Liquidationsanteile unter den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft auszugleichen (vgl. Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl., § 155 Rz. 13).
Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH: II R 43/17).