Abfindungen für eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern können nach dem "Windhundprinzip" vergeben werden
LAG Düsseldorf 12.4.2016, 14 Sa 1344/15Die Beklagte wollte 1.600 ihrer 9.100 Arbeitsplätze abbauen. Zu diesem Zweck initiierte sie in Abstimmung mit ihrem Konzernbetriebsrat ein Abfindungsprogramm, das definierte, wie viele Stellen in welchen Bereichen wegfallen sollten. Die Mitarbeiter hatten die Möglichkeit, sich für eine Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung zu melden. Bei mehr Interessenten für einen Aufhebungsvertrag als abzubauende Stellen sollte die Auswahl der abzufindenden Mitarbeiter nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen erfolgen.
Der Kläger war im IT-Bereich der Beklagten beschäftigt, in dem sieben Stellen abgebaut werden sollten. Er wollte an dem Abfindungsprogramm teilnehmen und erhielt eine Anmeldebestätigung mit Eingang 13:07:53:560 Uhr. Die Beklagte teilte ihm mit, dass er nicht berücksichtigt werden könne, weil seine Meldung zu einer Zeit eingetroffen sei, als es keine freien Plätze mehr im zur Verfügung stehenden Kontingent gegeben habe (letzte Vergabe für 13:01:09:603 Uhr).
Die Klage auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags zum 30.9.2015 und auf Zahlung einer Abfindung i.H.v. 298.777 Euro hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg. Das LAG ließ allerdings die Revision zum BAG zu.
Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung.
Das Abfindungsprogramm der Beklagten begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Arbeitgeber dürfen Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Abfindung anbieten, die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzen und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen treffen. Das gilt selbst dann, wenn durch das Abstellen auf Millisekunden nach menschlichem Ermessen die exakte Eingangszeit nicht bis ins Letzte zu beeinflussen ist. Da kein Anspruch auf ein Ausscheiden gegen eine Abfindung besteht, können Arbeitgeber eine solche Auswahl grds. frei gestalten. Etwas anderes gilt nur, wenn diese gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, was hier jedoch nicht der Fall ist.
Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger auch keinen früheren Eingang seiner Meldung treuwidrig vereitelt. Sie hat die eingesetzte Software getestet und musste keinen Belastungstest für jede denkbare Situation durchführen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund eines technischen Fehlers bestimmten Mitarbeitern ein schnellerer Zugriff auf die Webseite gewährt wurde. Mangels Verschuldens der Beklagten besteht kein Schadensersatzanspruch. Diesem steht weiter entgegen, dass der Kläger nicht nachweisen konnte, dass er bei fehlerfrei funktionierender Webseite zu den Abfindungsberechtigten gehört hätte.