22.08.2013

Ablehnung eines schwerbehinderten Bewerbers: Arbeitgeber müssen selbst bei Interessenkollision Vertrauensperson beteiligen

Bei der Entscheidung über die Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen hat der Arbeitgeber gem. § 81 Abs. 1 SGB IX stets die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Das gilt selbst dann, wenn die Vertrauensperson der Schwerbehinderten ebenfalls zu den Bewerbern gehört. Ein Verstoß gegen diese Beteiligungspflicht kann eine Benachteiligung des Bewerbers aufgrund seiner Behinderung indizieren.

BAG 22.8.2013, 8 AZR 574/12
Der Sachverhalt:
Der als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger ist in der Spielbank der Beklagten als sog. Souschef beschäftigt. Er ist der Stellvertreter des im Betrieb der Beklagten gewählten Schwerbehindertenvertreters S.

Auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle als "Tischchef" bewarben sich u.a. auch der Kläger und S. Die Beklagte teilte S. mit, dass sie wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Interessenkollision weder ihn noch den Kläger als seinen Stellvertreter an der Auswahlentscheidung beteiligen werde. Sie entschied sich schließlich für einen anderen Kandidaten.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger eine Entschädigung nach dem AGG i.H.v. mindestens 10.500 Euro. Er war der Auffassung, dass er bei der Beförderungsentscheidung wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Bereits die unterlassene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung indiziere eine solche Benachteiligung.

Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.

Die Gründe:
Es kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob dem Kläger der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht. Er hat allerdings zu Recht geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Entscheidung über seine Bewerbung die Schwerbehindertenvertretung hätte beteiligen müssen.

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB IX hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, und in diesem Zusammenhang die Schwerbehindertenvertretung zu hören. Diese Verpflichtung besteht - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch dann, wenn die Vertrauensperson der Schwerbehinderten ebenfalls zu den Bewerbern gehört.

Einen möglichen Interessenkonflikt zwischen Bewerbern hätte der Kläger verhindern können, indem er nach § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX die Beteiligung des Schwerbehindertenvertreters als seines direkten Konkurrenten um die zu besetzende Stelle ausdrücklich hätte ablehnen können. Dagegen lag es nicht im Ermessen der beklagten Arbeitgeberin, von der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung Abstand zu nehmen.

Die Sache war an das LAG zurückzuverweisen, damit dieses klären kann, ob die Verletzung der Pflichten zur Förderung schwerbehinderter Menschen nach dem SGB IX vorliegend eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung indiziert und ob ggf. die Beklagte ihre Vorgehensweise so rechtfertigen kann, dass ein Entschädigungsanspruch des Klägers nach dem AGG ausscheidet.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 50 vom 22.8.2013
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