Altersabhängige Kürzungsregelungen in Einkommenssicherungs-Tarifverträgen sind unwirksam
BAG 18.2.2016, 6 AZR 700/14Die 1968 geborene Klägerin ist seit 1988 in der Bundeswehrverwaltung beschäftigt. Im Zuge der Umgestaltung der Bundeswehr wurde sie 2007 in die Güteprüfstelle versetzt. Gemäß § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18.7.2001 (TV UmBw) erhielt sie eine Einkommenssicherungszulage i.H.v. 112,25 Euro brutto monatlich.
Die Beklagte kürzte die Zulage ab dem 1.1.2008 unter Berufung auf § 6 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a) TV UmBw um ein Drittel. § 6 TV UmBw lautet auszugsweise wie folgt:
"Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich (...) bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel, (...) Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat, [oder] eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat (...)"
Die Klägerin sah in der Bevorzugung von Kollegen, die bereits das 55. Lebensjahr vollendet haben, eine unzulässige Altersdiskriminierung und verlangte für die Zeit bis zum 28.2.2012 die Zahlung von Differenzvergütung. Hinsichtlich der Folgezeit bis zum 31.8.2013 begehrte sie die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten. Die Vorinstanzen gaben der Klage überwiegend statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BAG teilweise Erfolg.
Die Gründe:
Die Vorinstanzen sind zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die Einkommenssicherungszulage nach § 6 TV UmBw zu einer unmittelbaren Benachteiligung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten führt. Es ist kein legitimes Ziel i.S.v. § 10 AGG ersichtlich, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte (s. hierzu auch BAG, Urt v. 15.11.2012 - 6 AZR 359/11).
Die Leistungsklage ist aber entgegen der Auffassung des LAG wegen Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist aus § 37 Abs. 1 TVöD unbegründet.
Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch auf die beantragte Feststellung. Zwar sind die einschlägigen Tarifregelungen gem. § 7 Abs. 2 AGG nur insoweit unwirksam, als sie nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenzieren. Die in Abhängigkeit von der Beschäftigungsdauer angeordnete Verringerung behält als in sich geschlossene und sinnvolle Regelung ihre Wirksamkeit.
Damit wäre im Fall der Klägerin an sich eine Verringerung der Zulage um ein Drittel des Erhöhungsbetrags berechtigt gewesen. Für die allein streitgegenständliche Vergangenheit kann die Klägerin aber zur Beseitigung der Diskriminierung eine sog. Anpassung nach oben verlangen, da den Begünstigten die unverringert gezahlte Zulage nachträglich nicht mehr entzogen werden kann.
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