Anhörung zur Verdachtskündigung: Arbeitgeber darf entlastende Umstände nicht verschweigen
ArbG Düsseldorf 11.5.2011, 14 Ca 8029/10Der Kläger war Chefarzt der beklagten Therapieklinik in katholischer Trägerschaft. Im Rahmen eines Steuerermittlungsverfahrens entstand der Verdacht, dass der Kläger Zahlungen ohne Rechtsgrund vereinnahmt hatte. Dennoch setzte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zunächst fort. Erst nachdem die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger Anklage wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr erhoben hatte, kündigte die Beklagte ihm nach Anhörung der Mitarbeitervertretung fristlos und hilfsweise fristgerecht.
Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Den Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens wies das Gericht allerdings zurück.
Die Gründe:
Weder die ordentliche noch die außerordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger beendet. Die Kündigungen waren unwirksam, weil die Beklagte die Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß angehört hat.
Die Mitarbeitervertretungsordnung der katholischen Kirche stellt im Wesentlichen die gleichen Anforderungen an die Anhörung der Mitarbeitervertretung wie das Betriebsverfassungsgesetz im Hinblick auf die Anhörung des Betriebsrats. Danach ist die Anhörung nicht ordnungsgemäß, wenn der Mitarbeitervertretung mildernde und damit den Arbeitnehmer entlastende Umstände verschwiegen werden.
Ein solcher Fall lag hier vor. Die Beklagte hatte der Mitarbeitervertretung nicht mitgeteilt, dass sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zunächst fortgesetzt hatte, obwohl sie im Rahmen eines Steuerermittlungsverfahrens Kenntnis von einem Teil der nunmehr zur Kündigung führenden Vorgänge erhalten hatte. Bereits damals hatte es Anhaltspunkte für eine Bestechlichkeit des Klägers gegeben. Wenn sich die Beklagte trotzdem entschlossen hat, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, ist dies auch bei einer späteren Kündigung zumindest im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen und deshalb auch der Mitarbeitervertretung mitzuteilen.
Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage. Zwar spricht eine dem Kündigungsschutzantrag stattgebende Entscheidung der ersten Instanz für eine Weiterbeschäftigung während der Fortdauer des Kündigungsschutzverfahrens. Im Streitfall stehen dem aber überwiegende Interessen der Beklagten entgegen. Dieser ist es angesichts des Verdachts der Begehung schwerer Straftaten zu ihren Lasten und des noch laufenden Strafverfahrens nicht zuzumuten, den in herausgehobener Position angestellten Kläger vorläufig weiterzubeschäftigen.