27.09.2013

Anlehnung eines Tarifvertrags an Gehaltsentwicklung in einem anderen Bereich muss eindeutig formuliert sein

Verweist ein Tarifvertrag hinsichtlich Entgelterhöhungen auf Tarifverträge eines anderen Bereichs (hier: auf den TVöD), so folgt hieraus nicht ohne weiteres ein Anspruch der Gewerkschaft auf eine "eins zu eins"-Übernahme neuer Tarifabschlüsse. Ein Rechtsanspruch auf Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags besteht nur, wenn zweifelsfrei ein entsprechender Bindungswille besteht und die inhaltliche Vorgabe so konkret ist, dass es nur eine entsprechende Regelungsmöglichkeit gibt. Anderenfalls besteht lediglich ein Verhandlungsanspruch.

BAG 25.9.2013, 4 AZR 173/12
Der Sachverhalt:
Bei der klagenden Gewerkschaft handelt es sich um die Deutsche Orchestervereinigung. Sie hatte mit dem beklagten Arbeitgeberverband, dem Deutschen Bühnenverein, seit Jahren Tarifverträge für die Arbeitsverhältnisse der Mitglieder von Kulturorchestern geschlossen. Die Tarifverträge sehen u.a. vor, dass die Gehälter der tarifunterworfenen Musiker nach einer allgemeinen Veränderung im Bereich der Kommunen und der Länder "durch Tarifvertrag sinngemäß anzupassen" sind.

Aus dieser Tarifregelung leitete die Gewerkschaft einen Anspruch gegen den Arbeitgeberverband auf Abschluss eines Tarifvertrags ab, mit dem die letzten Entgelterhöhungen im TVöD/VKA bzw. TV-L "eins zu eins" für Orchester-Mitglieder übernommen werden sollten. Der Arbeitgeberverband verweigerte einen entsprechenden Tarifabschluss und begründete dies damit, dass die Anpassungsklausel im Manteltarifvertrag lediglich eine Verhandlungspflicht begründe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Gewerkschaft hat keinen Rechtsanspruch gegen den Arbeitgeberverband auf Abschluss eines Tarifvertrags mit dem gewünschten Inhalt.

Zwar kann sich ein solcher Anspruch grds. aus einem verbindlichen Vorvertrag oder aus einer eigenen vorher vereinbarten tariflichen Regelung ergeben. Eine entsprechende Verpflichtung kann aber nur dann anerkannt werden, wenn sich

  • sowohl der darauf gerichtete Bindungswille
  • als auch der hinreichend konkretisierte Inhalt der angestrebten Tarifeinigung

aus der verpflichtenden Regelung selbst ergibt. Für den Inhalt des Tarifvertrags bedeutet dies regelmäßig, dass es nur eine einzige, der Vorgabe entsprechende Regelungsmöglichkeit geben darf. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, besteht lediglich eine - qualifizierte - Verhandlungspflicht der Tarifpartner.

Nach diesen Grundsätzen besteht im Streitfall keine Pflicht zum Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags. Aus der tariflichen Regelung ergibt sich nicht zweifelsfrei, dass der Arbeitgeberverband eine rechtlich verbindliche Verpflichtung zum Abschluss von Tarifverträgen mit genau festgelegtem Inhalt eingegangen ist.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 57 vom 25.9.2013
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