20.12.2016

Arbeitgeber müssen bei Gründung einer Scheingesellschaft SV-Beiträge nachzahlen

Gründen Arbeitnehmer eine Gesellschaft (hier: eine OHG), um das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zu verschleiern, so kann der Arbeitgeber noch Jahre später auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch genommen werden. Soweit er mit der Gesellschaft Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen geschlossen hat, handelt es sich um gem. § 117 BGB nichtige Scheingeschäfte, so dass die Vorschriften über das verdeckte Rechtsgeschäft Anwendung finden.

SG Heilbronn 6.12.2016, S 11 R 1878/16
Der Sachverhalt:
Die Kläger betreiben ein Gartenbauunternehmen. Sie beschäftigten zwischen April 2010 und Ende 2014 für Gartenarbeiten die drei beigeladenen rumänischen Staatsangehörigen, ohne hierfür Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Auf Initiative der Kläger gründeten die drei Beigeladenen im September 2011 eine OHG mit der gleichen Anschrift wie das Gartenbauunternehmen. Dort wurden auch die Geschäftsunterlagen aufbewahrt. Die drei "OHG-Gesellschafter" wohnten teils auf dem Grundstück des Unternehmens. Sie schrieben Tagesrapporte und rechneten ihre Stunden unmittelbar gegenüber dem Gartenbauunternehmen ab. Arbeitsbeginn war jeweils 8 Uhr morgens. Die Beigeladenen verfügen nur über mangelhafte Kenntnisse der deutschen Sprache. Eigene Geschäfts- oder Büroräume hatten weder sie noch ihre OHG.

Das zuständige Amtsgericht verhängte gegen die Kläger einen Strafbefehl wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt. Nachdem die Kläger die Geldstrafe von knapp 20.000 Euro akzeptiert hatten, forderte die beklagte Deutsche Rentenversicherung von ihnen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von über 46.000 Euro nach. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machten die Kläger geltend, sie hätten nicht mit den Beigeladenen, sondern ausschließlich mit der OHG Verträge abgeschlossen. Das SG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Kläger sind verpflichtet, für die drei angeblichen "OHG-Gesellschafter" Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen. Die Beigeladenen waren im betreffenden Zeitraum wie Arbeitnehmer für die Kläger tätig.

Die OHG ist nur gegründet worden, um die Beschäftigungsverhältnisse zu verschleiern. Tatsächlich hat die zwischengeschaltete OHG gar keine Leistungen erbracht; die zwischen dem Gartenbauunternehmen und der OHG geschlossenen Verträge sind Scheingeschäfte. Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist nicht eine zur Verschleierung gewählte Rechtsform, sondern sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich

Im Streitfall haben die Beigeladenen allein auf Empfehlung der Kläger die OHG gegründet, weil dann "die Papiere besser" seien und es "keine Probleme mit der Polizei" gebe. Die Beigeladenen wussten bei ihrer seinerzeitigen Vernehmung durch das Hauptzollamt nicht einmal, was eine OHG ist und welche Rechte und Pflichten hiermit verbunden sind. Das gilt umso mehr, als dass die Schreiben, welche die Gründung der OHG betrafen, nicht in ihre Muttersprache übersetzt worden waren.

SG Heilbronn PM vom 19.12.2016
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