12.07.2016

Arbeitnehmer dürfen bei Einsicht in ihre Personalakten regelmäßig keinen Anwalt hinzuziehen

Arbeitnehmer haben regelmäßig keinen Anspruch, bei der Einsichtnahme in ihre Personalakten einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. § 83 Abs. 1 Satz 1und 2 BetrVG sieht lediglich die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds vor. Auch aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht oder dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ergibt sich in der Regel kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Anwalts. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, Kopien von den Schriftstücken in seiner Personalakte anzufertigen.

BAG 12.7.2016, 9 AZR 791/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger war zunächst bei der Beklagten zu 1) und nach einem 2014 erfolgten Betriebsübergang bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Die Beklagte zu 1) hatte dem Kläger 2013 eine Ermahnung erteilt. Der Kläger wollte daraufhin zusammen mit seiner Rechtsanwältin seine Personalakte einsehen. Die Beklagte zu 1) lehnte die Hinzuziehung der Rechtsanwältin ab, gestattete dem Kläger allerdings, Kopien von den Schriftstücken in seiner Personalakte zu fertigen.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger, ihm mit seiner anwaltlichen Vertreterin Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. Ein Anspruch hierauf ergebe sich aus der arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht sowie unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. § 83 BetrVG regele das Recht auf Einsicht in die Personalakte nicht abschließend. Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger kann von den Beklagten nicht verlangen, ihm im Beisein seiner anwaltlichen Vertreterin Einsicht in seine Personalakten zu gewähren. Zwar haben Arbeitnehmer gem. § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Recht auf Einsichtnahme in ihre Personalakte. Hierzu können sie gem. § 83 Abs. 1 Satz 2 BetrVG aber lediglich ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen. Die Regelung begründet damit keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.

Ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers folgt regelmäßig auch nicht aus der allgemeinen Rücksichtspflicht des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) oder aus dem Grundrecht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall ist dem einem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz genügt, dem das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in die Personalakten dient.

Nach diesen Grundsätzen scheidet im Streitfall ein Anspruch des Klägers auf Einsichtnahme in die Personalakte in Anwesenheit seiner Rechtsanwältin aus. Die Beklagte zu 2) ist gem. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB an die von der Beklagten zu 1) erteilten Erlaubnis, Kopien von den in der Personalakte befindlichen Dokumente anzufertigen, gebunden. Der Kläger hat damit ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien den Inhalt der Personalakten mit seiner Rechtsanwältin zu erörtern.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr.36/16 vom 12.7.2016
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