17.10.2013

Arbeitnehmer dürfen über ihren dienstlichen E-Mail-Account keinen Streikaufruf verbreiten

Arbeitnehmer sind nicht berechtigt, ihren dienstlichen E-Mail-Account (Vorname.Name@Arbeitgeber.de) für die betriebsinterne Verbreitung eines Streikaufrufs seiner Gewerkschaft an die Belegschaft zu nutzen. Dem Arbeitgeber steht insoweit ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Von ihm kann nicht verlangt werden, durch eigene Betriebsmittel die koalitionsspezifische Betätigung eines Arbeitnehmers in einem gegen ihn gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen.

BAG 15.10.2013, 1 ABR 31/12
Der Sachverhalt:
Antragstellerin im vorliegenden Beschlussverfahren war die Arbeitgeberin. Sie betreibt ein Krankenhaus mit 870 Beschäftigten. Diese dürfen das Intranet nach einer ausdrücklichen Anordnung ausschließlich zu dienstlichen Zwecken nutzen.

Der an dem Verfahren beteiligte Betriebsratsvorsitzender B ist Mitglied von ver.di. Nachdem ver.di im Frühjahr 2011 zu einem Warnstreik bei der Arbeitgeberin aufgerufen hatte, leitete B diesen Aufruf über das Intranet an alle Kollegen weiter und rief sie dazu auf, sich an dem Streik zu beteiligen. Er signierte die E-Mail mit den Worten: "Für die ver.di-Betriebsgruppe" und fügte seinen Namen an.

Die Arbeitgeberin sah hierin eine Verletzung der Neutralitätspflicht des Betriebsrats und machte - gestützt auf § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG - einen Unterlassungsanspruch geltend. B verteidigte sein Vorgehen damit, dass er nicht als Betriebsratsvorsitzender, sondern als Mitglied der ver.di-Betriebsgruppe gehandelt habe. Die Arbeitgeberin müsse zudem zum Schutz seiner individuellen Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG die Nutzung ihres Intranets für die Verbreitung des Streikaufrufs dulden.

Der Antrag der Arbeitgeberin hatte in allen Instanzen Erfolg.

Die Gründe:
Die Arbeitgeberin hat gegen B einen Anspruch darauf, dass dieser die Nutzung seines dienstlichen E-Mail-Accounts für Streikaufrufe unterlässt.

Entgegen der Auffassung des LAG folgt dieser Unterlassungsanspruch allerdings nicht aus § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, sondern ergibt sich vielmehr aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hiernach kann der Eigentümer vom Störer die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen.

Für den Unterlassungsanspruch ist es unerheblich, ob dem Arbeitnehmer der dienstlichen Zwecken vorbehaltene Intranetzugang in seiner Funktion als Amtsträger oder unabhängig davon zur Verfügung gestellt wurde. Denn die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, die Verbreitung von Streikaufrufen über ihr Intranet gem. § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden. Sie kann nicht genötigt werden, durch eigene Betriebsmittel die koalitionsspezifische Betätigung eines Arbeitnehmers in einem gegen sie gerichteten Arbeitskampf zu unterstützen.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 62/13 vom 17.10.2013
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