08.03.2013

Arbeitnehmer müssen Zeugnis im Betrieb abholen

Arbeitgeber sind in aller Regel nicht verpflichtet, einem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis zuzuschicken. Insoweit liegt vielmehr grds. eine Holschuld vor. Wenn ein Arbeitnehmer ohne vorherigen Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat er daher ggf. die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu tragen. Etwas anderes gilt nur, wenn es ihm aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise unzumutbar ist, das Zeugnis im Betrieb abzuholen.

LAG Berlin-Brandenburg 6.2.2013, 10 Ta 31/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bis zum 31.7.2012 bei der Beklagten als kaufmännischer Leiter beschäftigt gewesen und hatte das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt. Er hatte der Beklagten einen Entwurf für ein qualifiziertes Zeugnis zugeschickt. Eine Mitarbeiterin der Beklagten teilte ihm daraufhin zunächst mit, dass sie ihm das unterschriebene Zeugnis sobald wie möglich zurückschicke. Später hieß es dann, dass das Zeugnis zwar akzeptiert, aber erst am Stichtag unterschrieben werde.

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Kläger die Beklagte am 7.8.2012 erneut auf, ihm das Arbeitszeugnis zuzusenden - und zwar bis zum 10.8.2012. Als dies nicht geschehen war, erhob er am 15.8.2012 Klage, mit der er u.a. den Zeugnisanspruch weiterverfolgte. Am 17.8.2012 teilte die Beklagte ihm mit, dass das Zeugnis unterschrieben sei und er es im Betrieb abholen könne. Im Gütetermin übergab der Vertreter der Beklagten dem Kläger das Zeugnis, woraufhin die Parteien im Kammertermin den Rechtsstreit bzgl. des Zeugnisses für erledigt erklärten.

Darauf wurden dem Kläger für diesen erledigten Teil die Kosten auferlegt. Die hiergegen gerichtete (sofortige) Beschwerde hatte vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht die auf den erledigten Teil entfallenden Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Arbeitnehmer müssen ihr Zeugnis am Ende des Arbeitsverhältnisses im Betrieb abholen, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände dieses unzumutbar machen. Wer ohne Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat deshalb in aller Regel die Kosten zu tragen.

Im Gesetz ist ein Erfüllungsort für den Anspruch aus § 109 GewO auf Erteilung eines Zeugnisses nicht geregelt. Auch der Arbeitsvertrag der Parteien enthält dazu keine Vereinbarung. Deshalb greift die allgemeine gesetzliche Regel des § 269 Abs. 1 BGB ein, wonach ohne Bestimmung oder Bestimmbarkeit des Leistungsortes der Wohnsitz des Schuldners maßgeblich ist. Bei Gewerbebetrieben ist dies der Sitz der Niederlassung des Betriebs (§ 269 Abs. 2 BGB).

Auch das BAG geht insoweit regelmäßig von einer Holschuld aus (s. BAG v. 8.3.1995 - 5 AZR 848/93). Lediglich in besonderen Ausnahmefällen kann danach aufgrund von Treu und Glauben etwas anderes geboten sein. Solche besonderen Umstäne liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte mit ihrer ersten Rückmeldung den Eindruck erweckt, dass sie dem Kläger das Zeugnis zuschicken werde. Aber jedenfalls nach ihren weiteren Reaktionen war eine Abweichung vom gesetzlichen Leistungsort nicht mehr anzunehmen.

Im Übrigen stand für den Kläger nach der Mitteilung der Beklagten vom 17.8.2012 fest, dass das Zeugnis zum Abholen bereitliegt. Er hätte entweder zu diesem Zeitpunkt oder aber auch noch im Gütetermin die Klage zurücknehmen können. In beiden Fällen wären die Gerichtsgebühren und damit auch sämtliche Kosten entfallen, da in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erster Instanz ohnehin jede Partei ihre Anwaltskosten selbst trägt.

Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des LAG Berlin-Brandenburg veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

LAG Berlin-Brandenburg online
Zurück