28.02.2025

Arbeitnehmer trotz Handelsvertretertätigkeit?

Für die Annahme, ein Handelsvertreter sei als sog. "Einfirmenvertreter kraft Vertrags" i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB tätig, reicht es nicht aus, dass er durch ein branchenbezogenes Konkurrenzverbot in seiner Tätigkeit beschränkt ist, weil eine derartige vertragliche Absprache ihn nicht daran hindert, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden. Ob die Handelsvertretertätigkeit im Neben- oder Hauptberuf ausgeübt wird, ist irrelevant.

Hessisches LAG v. 24.2.2025 - 10 Ta 299/24
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten zunächst im Februar 2010 einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen. Zuletzt schlossen sie im Januar 2017 einen neuen Handelsvertretervertrag ab. Danach sollte der Kläger als selbstständiger Handelsvertreter gem. § 84 Abs. 1 HGB innerhalb von Deutschland tätig werden. Außerdem sollte er in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Bestimmung und Einteilung seiner Arbeitszeit frei sein. Letztlich verpflichtete sich der Kläger für die Dauer des Vertragsverhältnisses, keinerlei Interessen für konkurrierende Unternehmen wahrzunehmen. Die wesentliche Tätigkeit des Klägers bestand darin, Bauverträge über Fertighäuser zu vermitteln. Dafür erhielt er eine Provision. Neben dem eigentlichen Handelsvertretervertrag wurde mit Wirkung zum 1.1.2017 eine Superprovisionsvereinbarung abgeschlossen.

Das Vertragsverhältnis ist von der Beklagten mit Schreiben vom 26.2.2024 zum 31.8.2024 gekündigt worden. Der Kläger war der Ansicht, dass sich die Beklagte seit der Freistellung im Annahmeverzug befinde. Er machte diesbezüglich Vergütungsansprüche einschließlich Provision und Ersatz für Aufwendungen sowie Schadensersatz wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend. Der Kläger hielt den zu den Arbeitsgerichten beschrittenen Rechtsweg für zulässig. Er war der Auffassung, als sog. "Einfirmenvertreter" i.S.d. § 92a HGB für die Beklagte tätig gewesen zu sein. Die Beklagte hat die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts gerügt.

Das Arbeitsgericht hat angenommen, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nicht eröffnet, weshalb es das Verfahren an das LG verwiesen hat. Das LAG hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet ist.

Der Kläger war zunächst nicht als Arbeitnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG anzusehen. Er war nicht als weisungsgebundener Arbeitnehmer tätig. Die Parteien hatten einen Handelsvertretervertrag geschlossen. Dieser schriftliche Vertrag war als freier Handelsvertretervertrag gem. § 84 Abs. 1 HGB anzusehen. Zudem war der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen auch nicht deshalb eröffnet, weil der Kläger gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG als Arbeitnehmer galt. Danach gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 € auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. In § 92a Abs. 1 Satz 1 HGB wird zwischen dem Handelsvertreter, der vertraglich nicht für weitere Unternehmen tätig werden darf - sog. "Einfirmenvertreter kraft Vertrags" - und demjenigen, dem dies nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich ist - sog. "Einfirmenvertreter kraft Weisung" -, unterschieden.

Für die Annahme, ein Handelsvertreter sei als sog. "Einfirmenvertreter kraft Vertrags" i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB tätig, reicht es nicht aus, dass er durch ein branchenbezogenes Konkurrenzverbot in seiner Tätigkeit beschränkt ist, weil eine derartige vertragliche Absprache ihn nicht daran hindert, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden. Für die Annahme, dass von einer "Handelsvertretertätigkeit kraft Weisung" ausgegangen werden kann, muss nicht nur zu den erbrachten Tätigkeiten konkret vorgetragen werden, sondern auch, dass diese Arbeiten dem Handelsvertreter von dem Unternehmer auferlegt worden sind. Pauschale und schlagwortartige Beschreibungen - wie hier - reichen nicht aus. Ob die Handelsvertretertätigkeit im Neben- oder Hauptberuf ausgeübt wird, ist irrelevant.

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