26.02.2016

Arbeitslose EU-Ausländer haben in den ersten drei Monaten in Deutschland keinen Anspruch auf Hartz IV

Arbeitslose Ausländer aus einem anderen EU-Mitgliedstaat haben in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen. Die entsprechende deutsche Regelung verstößt nicht gegen EU-Recht. Dieses sieht zwar ein dreimonatiges Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat vor, ohne dass hierfür irgendwelche Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Im Gegenzug dürfen die Staaten in dieser Zeit aber auch jegliche Sozialleistungen verweigern. Eine individuelle Prüfung ist insoweit nicht erforderlich.

EuGH 25.2.2016, C-299/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist spanischer Staatsangehöriger. Er war zusammen mit seinem Sohn nach Deutschland gekommen und hatte hier Hartz-IV-Leistungen beantragt. Das beklagte Jobcenter lehnte die Leistungen für die ersten drei Monate des Aufenthalts des Klägers und seines Sohnes in Deutschland ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage setzte das LSG NRW das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die entsprechenden deutschen Rechtsvorschriften mit dem EU-Recht vereinbar sind. Der EuGH bejahte dies.

Die Gründe:
Die deutsche Regelung, wonach Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen sind, ist mit dem EU-Recht vereinbar.

Nach der Unionsbürgerrichtlinie (RL 2004/38/EG) haben EU-Bürger für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten ein Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat haben. Hierfür müssen sie lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein und ansonsten keine weiteren Voraussetzungen erfüllen. Die Mitgliedstaaten dürfen von ihnen also z.B. nicht verlangen, dass sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts verfügen.

Im Gegenzug erlaubt die Richtlinie den Mitgliedstaaten zur Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts ihrer Sozialsysteme, zugezogenen EU-Ausländern in den ersten drei Monaten des Aufenthalts jegliche Sozialleistungen zu verweigern. Eine solche Versagung setzt keine Prüfung der persönlichen Umstände des Betroffenen voraus.

Der Hintergrund:
Mit diesem Urteil bestätigt der EuGH seine neuere Rechtsprechung, wonach

  • EU-Bürger, die in einen Staat zur Arbeitsuche einreisen, von bestimmten beitragsunabhängigen Sozialleistungen ausgeschlossen werden können (EuGH, Urt. v.  15.9.2015 - Rs. C-67/14 - "Alimanovic") und
  • nicht erwerbstätige Unionsbürger, die sich allein mit dem Ziel, in den Genuss von Sozialhilfe zu kommen, in einen anderen Mitgliedstaat begeben, von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen werden können (EuGH, Urt. v. 11.11.2014 - Rs. C-333/13 - "Dano").

In Reaktion auf diese EuGH-Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht den Anspruch arbeitsloser EU-Ausländer auf Sozialhilfe ausgeweitet. Die Bundesregierung hat angekündigt, dies durch eine Gesetzesänderung rückgängig machen zu wollen.

EuGH PM Nr. 18/16 vom 25.2.2016
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