Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen gelten nicht für "Mobbing"-Fälle
BAG 20.6.2013, 8 AZR 280/12Die Klägerin war bei der Beklagten zuletzt als Leiterin einer Tankstelle beschäftigt. Ab Mitte November 2009 war sie arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 verständigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.5.2010.
Ende März 2010 unterrichtete die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten E. Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer am 30.8.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte die Klägerin erstmals die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen "Mobbings" geltend. Sie begründete die Klage damit, dass E. sie fast täglich beleidigt und schikaniert habe.
Die Beklagte bestritt die Mobbing-Vorwürfe und berief sich i.Ü. auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist. Danach sollten alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab, da etwaige Ansprüche verfallen seien. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BAG Erfolg.
Die Gründe:
Mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass Fälle der Vorsatzhaftung hiervon nicht erfasst sind. Das ergibt sich aus der insoweit eindeutigen Gesetzeslage:
- Denn anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist können die Parteien eines Arbeitsvertrags weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB).
- Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII.
Im Übrigen wäre auch bei einem anderen Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche Klausel - anders als eine tarifvertragliche Normativbestimmung - unwirksam. Daher war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen. Dieses wird zu klären haben, ob vorsätzliche Mobbing-Handlungen vorlagen, die einen Schmerzensgeld-Anspruch rechtfertigen.
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