Auch die Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit ist zweifelhaft
LAG Baden-Württemberg 20.3.2012, 22 Sa 71/11Der Kläger war bei dem beklagten Zeitarbeitsunternehmen vom 8.8.2005 bis zum 31.8.2009 als Leiharbeitnehmer beschäftigt und wurde während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses bei einem Bad-Hersteller eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden ausweislich einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel die zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZA) und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Branchentarifverträge Anwendung.
Mit seiner Klage verlangte der Kläger von dem Beklagten die Zahlung der Differenz zwischen der geleisteten und der im Einsatzunternehmen üblichen Vergütung ("Equal pay"). Zur Begründung machte er geltend, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam seien. Weder die tarifschließenden Einzelgewerkschaften noch der DGB seien für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung satzungsgemäß zuständig gewesen. Sie hätten in diesem Bereich auch keine Mitglieder gehabt. Insbesondere die Einbeziehung der Gewerkschaft der Polizei zeige, dass der DGB unsorgfältig gearbeitet habe, da in diesem Bereich keine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung denkbar sei.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers setzte das LAG den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Abs. 1 u. 5 ArbGG durchgeführten Beschlussverfahrens über die Frage der Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit aller der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit angehörenden Einzelgewerkschaften in den streitgegenständlichen Zeiträumen aus. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat das LAG allerdings die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Die Gründe:
Ein Rechtsstreit ist gem. § 97 Abs. 5 ArbGG von Amts wegen auszusetzen, bis im Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit der Vereinigung entschieden ist, wenn die Entscheidung hiervon abhängt. Voraussetzung für die Aussetzungspflicht ist danach, dass es im Rechtsstreit als Vorfrage um die Tariffähigkeit einer Vereinigung geht und die Klärung dieser Frage vorgreiflich ist. Dies ist hier der Fall, da dem Kläger gem. § 10 Abs. 4 AÜG Equal-Pay-Ansprüche zustehen, wenn der Vereinbarung über abweichende Lohnansprüche kein gültiger Tarifvertrag zugrunde liegt.
Des Weiteren setzt die Aussetzung des Rechtsstreites nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG voraus, dass die Frage der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit zweifelhaft ist. Auch dies ist hier der Fall. Die Beklagte geht von einer Verbindlichkeit der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifregelung aus. Das hat der Kläger substantiiert bestritten.
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