Auch Schwerbehinderte müssen für Benachteiligung im Bewerbungsverfahren Indizien vortragen - Evt. aber Auskunftsanspruch
BAG 21.2.2013, 8 AZR 180/12Die schwerbehinderte Klägerin war ursprünglich bei verschiedenen Ministerien der DDR als Schreibkraft beschäftigt und arbeitet seit 1992 für die beklagte Bundesrepublik Deutschland. Dabei war sie zuletzt seit 1996 im Bundespräsidialamt eingesetzt.
Nach längerer Erkrankung wurde im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Dezember 2009 festgelegt, dass die Klägerin nach Möglichkeit die Beschäftigungsdienststelle wechseln solle. Das Bundespräsidialamt wandte sich daraufhin u.a. an den Deutschen Bundestag, ob die - namentlich nicht benannte - Beschäftigte dort eingesetzt werden könne. Im Juni 2010 schrieb der Deutsche Bundestag eine passende Stelle aus. Auf diese bewarb sich die Klägerin unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung.
Die Klägerin nahm zwar an einem Vorstellungsgespräch teil, erhielt danach aber - ohne Angabe von Gründen - eine Absage. Sie sah hierin eine Benachteiligung wegen ihrer Behinderung und nahm die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Anspruch. Ein Indiz für die Benachteiligung sei darin zu sehen, dass die Beklagte der Aufforderung, den Grund für die Ablehnung der Bewerbung mitzuteilen, nicht nachgekommen sei und auch die Bitte, die Auswahlentscheidungsunterlagen einzusehen, abgelehnt habe.
Die Beklagte machte dagegen geltend, dass die Ablehnung der Klägerin in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung gestanden habe. Vielmehr habe sie im Rahmen des Vorstellungsgesprächs keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen.
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Entschädigung wegen Benachteiligung im Bewerbungsverfahren aufgrund ihrer Behinderung.
Beschäftigte, die eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen, müssen Indizien dafür vortragen, dass ihre weniger günstige Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt oder dies zumindest zu vermuten ist. Dies ist hier nicht geschehen. Die Klägerin hat keine Indizien vorgetragen, die die Vermutung zulassen, ihre Bewerbung sei wegen ihrer Schwerbehinderung erfolglos geblieben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte die Gründe für die Ablehnung der Klägerin zunächst nicht dargelegt hat. Dazu wäre sie nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nur verpflichtet gewesen, wenn sie der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nach § 71 SGB IX nachgekommen wäre. Das hat die Klägerin jedoch nicht dargelegt.
Auch die weiteren, von der Klägerin angeführten Tatsachen stellen keine Indizien dafür dar, dass sie wegen ihrer Behinderung bei der Bewerbung unterlegen ist. Das gilt insbesondere für den Ablauf des Vorstellungsgesprächs, an dem über zehn Personen teilgenommen hatten.
Der Hintergrund:
Nach § 71 Abs. 1 SGB IX müssen private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten grds. wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen beschäftigen.
Ist diese Quote nicht erfüllt, muss der Arbeitgeber Entscheidungen, mit denen die Schwerbehindertenvertretung nicht einverstanden ist, gem. § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX mit dieser unter Darlegung der Gründe erörtern. Satz 9 der Vorschrift, den das BAG in der Entscheidung angeführt hat, sieht zudem vor, dass alle Beteiligten vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten sind.
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