Auszubildende haben auch bei öffentlicher Förderung einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung
BAG 17.3.2015, 9 AZR 732/13Die Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Verkäuferin im Einzelhandel. Der beklagte Ausbilder organisiert als überörtlicher Ausbildungsverbund Förderprogramme für zusätzliche Ausbildungsplätze in Ostthüringen. Die Ausbildung erfolgt bei Praxispartnern in der Privatwirtschaft.
Die Klägerin erhielt im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Ausbildungsvergütung von 210 Euro und im zweiten Ausbildungsjahr von 217 Euro. Dies entsprach etwa einem Drittel der tariflichen Ausbildungsvergütung. Die Klägerin hielt diese Vergütung für zu niedrig und verlangte mit ihrer Klage die Zahlung der tariflichen Ausbildungsvergütung.
Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage teilweise statt und verurteilten den Beklagten zur Zahlung einer Ausbildungsvergütung in Höhe von zwei Dritteln des einschlägigen BAföG-Satzes. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das LAG der Klägerin einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung in Höhe von zwei Dritteln des BAföG-Satzes zugesprochen hat.
Auszubildende haben nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG auch dann einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung, wenn ihr Ausbildungsplatz - wie hier - mit öffentlichen Geldern gefördert wird. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist auf die Funktion der Ausbildungsvergütung abzustellen:
- Sie soll dem Auszubildenden bzw. seinen Eltern bei der Finanzierung des Lebensunterhalts eine Hilfe sein,
- die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und
- in gewissem Umfang eine Entlohnung darstellen.
Eine an einschlägigen Tarifverträgen ausgerichtete Ausbildungsvergütung ist stets angemessen. Allerdings sind bei öffentlich geförderten Ausbildungsplätzen Besonderheiten zu berücksichtigen. Hätte ohne die Förderung der Ausbildungsplatz nicht zur Verfügung gestanden und verwertet der Ausbilder die Leistungen des Auszubildenden nicht selbst, kommt die Ausbildung ausschließlich dem Auszubildenden zugute, so dass der Gesichtspunkt einer Entlohnung an Bedeutung verliert.
Nach diesen Grundsätzen hat das LAG den ihm zustehenden Spielraum bei der Beurteilung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht überschritten. Der BAföG-Satz kann für die Ermittlung der Lebenshaltungskosten eines Auszubildenden ein Anhaltspunkt sein. Seine beschränkten finanziellen Mittel entbinden den Beklagten nicht von der Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Ausbildungsvergütung. Die Angemessenheit orientiert sich nicht am Budget, sondern ist bereits bei der Vereinbarung des Budgets für die vorgesehene Anzahl von Ausbildungsplätzen zu berücksichtigen.
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