BAG kippt endgültig tarifliche Altersgrenze für Piloten
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren bei der beklagten Deutschen Lufthansa langjährig als Piloten beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse war kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der MTV Nr. 1 Cockpit anwendbar. Dieser sieht u.a. vor, dass die Arbeitsverhältnisse mit Ablauf des Monats enden, in dem die Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollenden, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Mit ihren Klagen wandten sich die Kläger gegen die Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse mit Erreichen der tariflichen Altersgrenze. Sie machten geltend, dass die tarifvertragliche Regelung eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters bewirke und daher unwirksam sei. Die bisherige Rechtsprechung des BAG zur Wirksamkeit tarifvertraglicher Altersgrenzen für Verkehrsflugzeugführer sei im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des EuGH überholt.
Das BAG setzte die Verfahren mit Beschluss vom 17.6.2009 (Az. 7 AZR 112/08 [A], ArbRB 2009, 352 [Range-Ditz], ArbRB online) aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die tarifliche Altersgrenze mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.
Die Entscheidung des EuGH:
Der EuGH entschied mit Urteil vom 13.9.2011 (Rs.: C-447/09 - "Prigge", ArbRB 2011, 291 [Grimm], ArbRB online), dass ein Verbot für Verkehrspiloten, über das vollendete 60. Lebensjahr hinaus ihrer Tätigkeit nachzugehen, eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Ab diesem Alter könne zwar das Recht, dieser Tätigkeit nachzugehen, beschränkt werden; ein vollständiges Verbot gehe aber über das zum Schutz der Flugsicherheit Notwendige hinaus.
Das folgerte der EuGH insbesondere aus einer internationalen und auch deutschen Regelung, wonach ein Pilot im Alter von 60 bis 64 Jahren seine Tätigkeit weiterhin ausüben kann, wenn er zu einer Besatzung aus mehreren Piloten gehört und die anderen Piloten das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Regelungen untersagen den Piloten die Ausübung ihrer Tätigkeit erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres.
+++ 2. Der Flugbegleiterin-Fall
Am 19.10.2011 (Az.: 7 AZR 253/07) hat das BAG zudem entschieden, dass das Arbeitsverhältnis eines über 58 Jahre alten Arbeitnehmers auf der Grundlage des TzBfG a.F. ohne Sachgrund nicht wirksam befristet werden konnte, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang bestand. Ein solcher sei auch gegeben, wenn dem letzten befristeten Vertrag mehrere befristete Verträge vorangegangen seien, die sich nahtlos an ein beendetes unbefristetes Arbeitsverhältnis angeschlossen hätten.
Der Fall betraf eine Flugbegleiterin, deren Arbeitsverhältnis nach den tariflichen Regelungen ab Vollendung des 55. Lebensjahrs nur noch jeweils auf ein Jahr befristet bis max. zur Vollendung des 60. Lebensjahres fortgeführt werden konnte. Über die Entscheidung haben wir auf der Grundlage der Pressemitteilung des BAG vom 19.10.2011 schon berichtet. Die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht.
+++ Weitere Informationen zum Thema:
Analysen der bisher bereits veröffentlichten Entscheidungen lesen Sie in ArbRB online, der Datenbank des Arbeits-Rechts-Beraters.
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