28.05.2013

BDA: Deutschland ist kein Niedriglohnland

Um den deutschen Arbeitsmarkt ist es weniger schlecht bestellt, als die öffentliche Diskussion es vermuten lässt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Zusammenstellung verschiedener Statistiken durch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Hiernach findet derzeit keine Verdrängung des "Normalarbeitsverhältnisses" zugunsten prekärer Beschäftigungen statt. Anstatt eines gesetzlichen Mindestlohns oder der Ausweitung von Sozialleistungen seien daher praxisgerechte Lösungen gefordert, so der Verband.

+++ Die wichtigsten Thesen der BDA und Zahlen hierzu im Überblick:

Keine Verdrängung des "Normalarbeitsverhältnisses"

  • 2006 bis 2011 wurden rd. 2 Mio. neue Beschäftigungsverhältnisse geschaffen, davon 1,5 Mio. sog. "Normalarbeitsplätze".
  • Der Anteil sog. "Normalarbeitnehmer" an der Gesamtbevölkerung ist von 2000 bis 2011 konstant geblieben.
  • Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist seit 2005 von 2,4 Mio. auf 1,2 Mio. gesunken.
  • Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten ("Minijobber") stagniert. Sie lag 2006 bei 4,85 Mio. und 2012 bei 4,82 Mio. Dabei waren zuletzt über 40 % der Minijobber Schüler, Studenten und Rentner. Die Zahl der Erwerbstätigen ist gleichzeitig von 39,2 Mio. auf 41,6 Mio. gestiegen.
  • Der Anteil der Leiharbeitnehmer an allen Erwerbstätigen liegt noch immer bei nur 2 %. Zwei Drittel waren vor der Zeitarbeit arbeitslos, davon jeder Sechste länger als ein Jahr.

Befristung nicht auf dem Vormarsch

  • Über die Hälfte der Neueinstellungen erfolgt unbefristet.
  • 56 % der befristeten Arbeitsverhältnisse werden in unbefristete Beschäftigung umgewandelt.
  • Der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse liegt seit Jahren konstant bei unter 10 %.
  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist in Deutschland zwischen 2001 und 2011 von 10 auf 11,2 Jahre angestiegen.

Niedrige Löhne als Aufstiegschance

  • 2010 haben 8 Mio. Menschen zu einem Stundenlohn unterhalb der Niedriglohnschwelle (9,15 €) gearbeitet. Das sind 23 % der abhängig Beschäftigten. 2000 lag dieser Wert nur geringfügig darunter bei rd. 21 %. Rund ein Viertel schafft innerhalb eines Jahres den Aufstieg in eine höher entlohnte Beschäftigung.
  • 46 % der Beschäftigten im Niedriglohnbereich üben eine Tätigkeit aus, für die kein Abschluss benötigt wird und die daher zwangsläufig gering entlohnt wird.
  • 56 % der Arbeitslosen lagen mit ihrem Haushaltseinkommen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle.
  • Von den Niedriglohnbeziehern waren es nur 16 %, der Bevölkerungsdurchschnitt liegt bei 14 %.
  • Deutschland ist kein Niedriglohnland: Die Arbeitskosten betrugen 2011 pro Arbeitsstunde 31,30 € in der Privatwirtschaft und 34,30 € im Verarbeitenden Gewerbe (Rang 5 im EU-Vergleich).

Ergänzendes ALG II kein Beleg für Erwerbsarmut ("working poor")

  • Von den rd. 1,3 Mio. "Aufstockern" arbeitet die Hälfte nur in einem Minijob.
  • Die Zahl der vollzeitbeschäftigten "Aufstocker" lag zuletzt bei unter 300.000, das entspricht lediglich 1,4 % der Vollzeitbeschäftigten insgesamt.
  • Rund zwei Drittel aller vollzeitbeschäftigten "Aufstocker" schaffen spätestens nach zwölf Monaten den Ausstieg aus dem Fürsorgebezug.
  • Der Großteil der vollzeitbeschäftigten "Aufstocker" ist wegen familienbedingter Mehrbedarfe bedürftig. Beispiel: So würde etwa ein in Berlin lebender, verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern bei einer 38-Stunden-Woche erst bei einem Stundenlohn über 15 € keinen Anspruch mehr auf ergänzendes ALG II haben. Auch ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 €/Stunde würde hier daher nichts am "Aufstocken" ändern.

+++ Linkhinweis:
Für die auf den Webseiten der BDA veröffentlichte Broschüre "Die Realität am deutschen Arbeitsmarkt - Fakten statt Zerrbilder" im Volltext (PDF, 38 Seiten) klicken Sie bitte hier.

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