Benachteiligung wegen politischer Haltung rechtfertigt keinen Entschädigungsanspruch nach dem AGG
BAG 20.6.2013, 8 AZR 482/12Die Klägerin hat u.a. in Peking Germanistik studiert. Sie war und ist kein Mitglied einer politischen Partei. Seit 1987 ist sie für die beklagte Deutsche Welle als arbeitnehmerähnliche Person in der China-Redaktion beschäftigt, wobei der letzte Honorarrahmenvertrag bis zum 31.12.2010 befristet war.
Als die Beklagte eine Verlängerung des Vertrags ablehnte, machte die Klägerin geltend, sie sei von der Beklagten benachteiligt worden, weil ihr diese - unzutreffend - eine Weltanschauung unterstellt habe. Die Beklagte habe bei ihr "Sympathie für die Volksrepublik China" vermutet und "damit Unterstützung für die KP China". Ihre Entlassung sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte angenommen habe, "sie sei gegenüber der Volksrepublik China zu regierungsfreundlich".
Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 30.000 Euro und auf Feststellung, dass die Beklagte alle materiellen Schäden ersetzen muss, hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Entschädigung oder auf Schadensersatz aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
Arbeitnehmern, die wegen ihrer Weltanschauung oder auch nur wegen bei ihnen vermuteter Weltanschauung benachteiligt werden, stehen zwar grds. Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach dem AGG zu. Voraussetzung hierfür ist aber, dass Indizien vorgetragen und bewiesen werden, die auf eine Benachteiligung wegen einer (vermuteten) Weltanschauung hindeuten. Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind keine "Weltanschauung" i.S.v. § 1 AGG.
Nach diesen Grundsätzen scheidet hier ein Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch aus. Denn die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss darauf zulassen, sie sei wegen einer ihr unterstellten Weltanschauung benachteiligt worden. Selbst wenn die Beklagte im Rahmen der ihr grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit eine stärkere journalistische Distanz zu der Regierung in Peking durchsetzen wollte und deswegen die Zusammenarbeit mit der Klägerin beendet hätte, indizierte dies nicht, dass die Beklagte der Klägerin eine Weltanschauung unterstellt hätte.
Im Übrigen ist die Sympathie für ein Land nicht gleichzusetzen mit einer Sympathie für dessen regierende Partei. Es kann auch nicht angenommen werden, dass deren weltanschauliche Fundierung, so sie eine hat, vom Sympathisanten geteilt wird.
Die Klage war daher als unschlüssig abzuweisen.
Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.