Bestimmtheit bei verschiedenen Klagegegenständen
ArbG Hamburg v. 28.2.2024 - 3 Ca 42/23
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Unternehmensberatung mit ca. 2.400 Beschäftigten. Sie bietet Unternehmen, Ministerien und Behörden Business-Services auf Basis modernster IT und zählt in dem Bereich zu den zehn führenden Unternehmen in Deutschland. Der Kläger war seit 2021 bei der Beklagten als Senior Manager tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers vom 21.9.2022 zum 31.12.2022. Er erzielte im Jahr 2022 eine Gesamtvergütung von rund 143.706 €. Das monatliche Grundgehalt des Klägers betrug 9.838 € brutto. Die Parteien hatten zudem einen individuellen leistungsorientierten Gehaltsbestandteil vereinbarten.
Im Verlauf des Jahres 2022 trat im Rahmen eines großvolumigen Transformationsprojekts einer Landesbank ein massiver Projektschaden ein. Am Ende verfehlte die Beklagte - was streitig ist - den Unternehmenszielwert. Es wurden keine Sonderzahlungen an die Mitarbeiter getätigt. Der Kläger war der Auffassung, dass er ernstliche Zweifel an der erteilten Auskunft haben könne. Auch in den Jahren 2020 und 2021 seien die Ziele jeweils erreicht worden und der Kläger habe seinen variablen Gehaltsbestandteil erhalten, was insoweit unstreitig blieb. Überdies sei den Beschäftigten regelmäßig mitgeteilt worden, dass man für das Jahr 2022 operativ gut dastehe.
Zuletzt beantragte der Kläger,
a) dem Kläger Auskunft zu erteilen über den für das Jahr 2022 vorgegebenen Zielwert für das Unternehmensergebnis, über das im Jahr 2022 erreichte Unternehmensergebnis sowie über den individuellen Leistungsfaktor des Klägers,
b) die Richtigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern und
c) an den Kläger den sich aus Auskunft ergebenden Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2023 zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Der Klagantrag zu c. war bereits unzulässig, weil er nicht hinreichend bestimmt war. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten. Es war allerdings nicht erkennbar, auf welchen Lebenssachverhalt der Kläger seinen Anspruch stützen wollte.
Während der Kläger im Rahmen der Klageerweiterung den Anspruch aus seinem Arbeitsvertrag in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung begründet hatte, führte er im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen weiteren Streitgegenstand in das Verfahren ein. Dort stützte er seinen Anspruch nämlich auch auf den innerbetrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil andere Personen eine entsprechende Zahlung erhalten haben sollten. Auch wenn deren Voraussetzungen zwischen den Parteien streitig waren ist für die Zulässigkeit einer Klage zunächst erforderlich, dass das Gericht erkennen kann, worauf die Parteien ihr Anliegen stützen.
Vorliegend handelte es sich jedoch um zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte (zum Verhältnis von Tarifvertrag und Arbeitsvertrag zuletzt BAG vom 28.6.2023 - 5 AZR 9/23 -), bei welchen es dem Kläger oblegen hätte, jedenfalls ein Rangverhältnis darzustellen. Die Kammer konnte ein solches Rangverhältnis aus dem Sachvortrag im Übrigen auch nicht ableiten. Dass für das Gericht eine entsprechende Klarheit hätte hergestellt werden müssen, worauf sich das Klagebegehren stützt, lassen auch die unterschiedlichen Anforderungen an eine numerische Bestimmtheit erkennen. Während ein Zahlungsantrag im Wege der Stufenklage zunächst auch in unbezifferter Form zulässig wäre, wäre dies im Falle des Anspruchsgrundes des innerbetrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht der Fall gewesen.
Die Klage war im Übrigen unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft (Antrag zu a.) war nach § 362 Abs. 1 BGB untergegangen, weil die Beklagte diese Auskunft bereits erteilt hatte. Der Antrag zu b) war ebenfalls unbegründet. Die Anspruchsvoraussetzungen lagen nicht vor. Gem. § 259 Abs. 2 BGB kann die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nur gefordert werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht wurden. Ein solcher Grund für eine Annahme war vorliegend jedoch nicht erkennbar.
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Landesrecht Hamburg
Die Beklagte ist eine Unternehmensberatung mit ca. 2.400 Beschäftigten. Sie bietet Unternehmen, Ministerien und Behörden Business-Services auf Basis modernster IT und zählt in dem Bereich zu den zehn führenden Unternehmen in Deutschland. Der Kläger war seit 2021 bei der Beklagten als Senior Manager tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers vom 21.9.2022 zum 31.12.2022. Er erzielte im Jahr 2022 eine Gesamtvergütung von rund 143.706 €. Das monatliche Grundgehalt des Klägers betrug 9.838 € brutto. Die Parteien hatten zudem einen individuellen leistungsorientierten Gehaltsbestandteil vereinbarten.
Im Verlauf des Jahres 2022 trat im Rahmen eines großvolumigen Transformationsprojekts einer Landesbank ein massiver Projektschaden ein. Am Ende verfehlte die Beklagte - was streitig ist - den Unternehmenszielwert. Es wurden keine Sonderzahlungen an die Mitarbeiter getätigt. Der Kläger war der Auffassung, dass er ernstliche Zweifel an der erteilten Auskunft haben könne. Auch in den Jahren 2020 und 2021 seien die Ziele jeweils erreicht worden und der Kläger habe seinen variablen Gehaltsbestandteil erhalten, was insoweit unstreitig blieb. Überdies sei den Beschäftigten regelmäßig mitgeteilt worden, dass man für das Jahr 2022 operativ gut dastehe.
Zuletzt beantragte der Kläger,
a) dem Kläger Auskunft zu erteilen über den für das Jahr 2022 vorgegebenen Zielwert für das Unternehmensergebnis, über das im Jahr 2022 erreichte Unternehmensergebnis sowie über den individuellen Leistungsfaktor des Klägers,
b) die Richtigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern und
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