04.08.2015

Betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung: "Spätehenklauseln" sind unwirksam

Eine sog. "Spätehenklausel", wonach der Ehepartner des verstorbenen Arbeitnehmers nur dann einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung hat, wenn die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Arbeitnehmers geschlossen worden ist, ist gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Hierin liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, die die legitimen Interessen des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers übermäßig beeinträchtigt und daher nicht gerechtfertigt ist.

BAG 4.8.2015, 3 AZR 137/13
Der Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Diese hatte ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich einer Witwenversorgung zugesagt. Die maßgebliche Pensionsregelung enthält eine "Spätehenklausel", wonach zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat.

Diese Voraussetzung erfüllte der 2010 verstorbene Ehemann der Klägerin nicht, da er 61 Jahre alt war, als die Ehe 2008 geschlossen wurde. Aus diesem Grund weigerte sich die Beklagte, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Klage wiesen sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG ab. Auf die Revision der Klägerin hob das BAG die Vorentscheidungen auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus der Versorgungszusage einen Anspruch auf Zahlung der Witwenrente. Die "Spätehenklausel" steht dem nicht entgegen; sie ist gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Denn der verstorbene Ehemann der Klägerin wurde durch diese Regelung unmittelbar wegen des Alters benachteiligt.

Die Benachteiligung ist nicht gem. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG (direkt oder analog) gerechtfertigt. Hiernach sind zwar bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zulässig. Die Norm erfasst aber, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geht, nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwerversorgung.

Auch die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Sätze 1 und 2 AGG liegen nicht vor, da die "Spätehenklausel" zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer führt.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 40/15 vom 4.8.2015
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