20.09.2016

Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Entlassung eines "betriebsstörenden" Geschäftsführers

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber nicht gem. § 104 BetrVG die Entlassung eines angeblich den Betriebsfrieden störenden Geschäftsführers verlangen. § 104 BetrVG findet auf Geschäftsführer keine Anwendung, da diese keine Arbeitnehmer im Sinn dieser Vorschrift sind. Insoweit ist allein der nationale und nicht der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgebend.

LAG Hamm 2.8.2016, 7 TaBV 11/16
Der Sachverhalt:
Der Betriebsrat verlangte von der Arbeitgeberin, einer GmbH & Co. KG, die Entlassung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH. Er begründete seinen Antrag damit, dass der Geschäftsführer den Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich dadurch gestört habe, dass er den Betriebsrat nicht nur mehrfach objektiv unzutreffend informiert, sondern in zumindest drei Personalfällen eine bewusst wahrheitswidrige Information vorgenommen habe. Dadurch sei die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nachhaltig gestört. Der Entfernungsanspruch ergebe sich aus § 104 BetrVG.

Das Arbeitsgericht wies den Antrag ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem LAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Betriebsrat kann von der Arbeitgeberin nicht verlangen, den Geschäftsführer zu entlassen. § 104 Satz 1 BetrVG gibt dem Betriebsrat lediglich das Recht, die Entlassung von Arbeitnehmern zu verlangen, die durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört haben.

Ein Geschäftsführer ist jedoch kein Arbeitnehmer i.S.v. § 104 BetrVG. Das ergibt sich bereits aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, wonach Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, vom Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgeschlossen sind.

Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich nichts anderes. Zwar hat der EuGH in letzter Zeit auch Organvertreter unter den Schutzbereich solcher Vorschriften gestellt, die nach dem Verständnis eines nationalen Arbeitnehmerbegriffs ausschließlich für Arbeitnehmer Anwendung finden (EuGH v. 11.11.2010 - Rs. C-232/09 - "Danosa", ArbRB 2010, 358 , v. 9.7.2015 - Rs. C-229/14 - "Balkaya", ArbRB 2015, 259, und v. 10.9.2015 - Rs. C-47/14 - "Holtermann", ArbRB 2015, 369). Dieser unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff gilt allerdings nur für solche Rechtsvorschriften, die auf europäische Richtlinien zurückzuführen sind. Diese Voraussetzung ist bei § 104 BetrVG nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats besteht insoweit insbesondere kein Zusammenhang mit den Antidiskriminierungsrichtlinien.

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