14.03.2013

Betriebsratswahl ist bei unwirksamem Tarifvertrag über abweichende AN-Vertretungsstrukturen anfechtbar

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können zwar durch Tarifvertrag grds. vom BetrVG abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen bestimmt werden. Sind aber die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Tarifvertrag unwirksam. Eine dennoch auf der Grundlage eines solchen Tarifvertrags durchgeführte Betriebsratswahl ist anfechtbar.

BAG 13.3.2013, 7 ABR 70/11
Der Sachverhalt:
Das BAG hatte über eine arbeitgeberseitig erklärte Anfechtung einer Betriebsratswahl zu entscheiden.

Die beiden Arbeitgeberinnen hatten gemeinsam mit weiteren verbundenen Unternehmen und der Gewerkschaft ver.di am 11.4.2002 einen Tarifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen (TV EBS 2002) geschlossen. Dieser fasste die Betriebe an verschiedenen Standorten in Deutschland zu neun Wahlregionen zusammen, in denen jeweils ein Regionalbetriebsrat gewählt werden sollte. Dies korrespondierte mit einer unternehmensübergreifenden Führung der Betriebe durch Regionalleitungen.

Zum 1.4.2004 wurde die regionale Leitungsstruktur aufgegeben. Dennoch sah der am 25.10.2004 geschlossene TV EBS 2004 weiterhin die Errichtung von Regionalbetriebsräten vor. Im März 2010 wurde auf der Grundlage dieses Tarifvertrags in einer Region ein neuer Regionalbetriebsrat gewählt. Die hiergegen gerichtete Wahlanfechtung der Arbeitgeberinnen hatte sowohl vor dem LAG als auch vor dem BAG Erfolg.

Die Gründe:
Die Wahl ist anfechtbar. Sie hätte nicht auf der Grundlage des TV EBS 2004 stattfinden dürfen, da der Tarifvertrag unwirksam war.

Grundsätzlich erfolgt die Wahl von Betriebsräten nach § 1 Abs. 1 BetrVG in den Betrieben. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können allerdings durch Tarifvertrag "andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen" bestimmt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass diese einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dienen - und zwar aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen.

Ein Tarifvertrag über vom BetrVG abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen, der diese Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht erfüllt, ist unwirksam. Eine dennoch auf der Grundlage eines solchen Tarifvertrags durchgeführte Betriebsratswahl ist zwar in der Regel nicht nichtig, aber anfechtbar.

Nach diesen Grundsätzen hätte hier im März 2010 kein Regionalbetriebsrat mehr gewählt werden dürfen. Der TV EBS 2004 ist unwirksam, weil er nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG entspricht. Nachdem die Regionalleitungen zum 1.4.2004 abgeschafft worden waren, dienten die in dem Tarifvertrag bestimmten anderen Arbeitnehmervertretungsstrukturen nicht mehr der wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 19 vom 13.3.2013
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