Bewerber müssen auf ihre Schwerbehinderung hinweisen - sonst haben sie keine Sonderrechte
BAG 18.9.2014, 8 AZR 759/13Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Er bewarb sich erstmals im Juni 2010 bei der beklagten Universität Köln. Dieses Bewerbungsverfahren, zu dem auch die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen worden war, blieb erfolglos.
Ende Juli 2010 bewarb sich der Kläger ein zweites Mal bei der Beklagten um eine andere, neu ausgeschriebene Stelle. Diese Bewerbung bearbeitete eine andere personalführende Stelle als die erste Bewerbung. Weder im Bewerbungsanschreiben noch im Lebenslauf hatte der Kläger auf seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch hingewiesen. Allerdings befand sich in den Anlagen zu seiner Bewerbung, die aus 29 Blättern bestand, als Blatt 24 eine Fotokopie seines Schwerbehindertenausweises.
Die Beklagte lehnte auch diese Bewerbung ab, ohne den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Kläger sah hierin eine Diskriminierung aufgrund seiner Behinderung, weil die Beklagte ihn als öffentliche Arbeitgeberin entgegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Seiner Klage auf Zahlung einer Entschädigung gaben das Arbeitsgericht und das LAG teilweise statt. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab.
+++ Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung.
Ein schwerbehinderter Mensch, der bei seiner Bewerbung um eine Stelle den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen möchte, muss die Eigenschaft, schwerbehindert zu sein, grundsätzlich im Bewerbungsschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf mitteilen. Unauffällige Informationen oder eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises stellen keine ausreichende Information des angestrebten Arbeitgebers dar; dies hat der Achte Senat bereits 2013 entschieden (BAG, Urt. v. 26.9.2013 - 8 AZR 650/12 - Rz. 30).
Die Mitteilung hat bei jeder einzelnen Bewerbung erneut zu erfolgen. Auf Erklärungen bei früheren Bewerbungen kommt es nicht an. Denn entscheidend ist die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinn des SGB IX im Zeitpunkt der Bewerbung, nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Auch ist das Datenschutzrecht zu berücksichtigen. Es liegt in der Entscheidung des schwerbehinderten Menschen, ob er die Schwerbehinderung bei der Bewerbung nach dem SGB IX berücksichtigt haben will oder nicht.
+++ Der Hintergrund:
In seinem Urteil vom 26.9.2013 (Az.: 8 AZR 650/12) hat das BAG ausgeführt:
"Soweit die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber nicht nachweislich schon bekannt ist (...), muss der Bewerber den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft informieren. Dies hat regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB (...) zu geschehen, da der Arbeitgeber jedenfalls gehalten ist, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (...) Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. (...) eingestreute oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, (...) etc. (sind) keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners."
+++ Linkhinweise:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.
Für das BAG-Urteil vom 26.9.2013 (Az.: 8 AZR 650/12) klicken Sie bitte hier.