22.02.2016

Bundesarbeitsministerium bessert beim Gesetz zur Leiharbeit nach - Verzicht auf den Kriterienkatalog in § 611a BGB n.F.

Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat seinen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und weiterer Gesetze nach heftiger Kritik - vor allem aus Arbeitgeberkreisen - überarbeitet. In der Neufassung verzichtet das Ministerium auf den umstrittenen Kriterienkatalog zur Abgrenzung des Arbeitsvertrags von einem Werk- oder selbstständigen Dienstvertrag. "Die letzten internen Abstimmungen über den überarbeiteten Entwurf laufen", teilte eine Sprecherin des BMAS mit. Man sei zuversichtlich, dass die Kabinettsbefassung zeitnah erfolgen könne.

+++ Definition des Arbeitnehmers
Der geplante § 611a BGB legt in der geänderten Fassung nur noch fest, wer Arbeitnehmer ist. Für diese Definition wurde auf die entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung zurückgegriffen. Wörtlich heißt es hierzu im Referentenentwurf:

"Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtliehen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann; der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an."

+++ Abweichungen von der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten
Der Referentenentwurf sieht auch in der Neufassung vor, dass Leiharbeitnehmer grds. nur für bis zu 18 Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden können, es sei denn, dass ein Tarifvertrag der Einsatzbranche etwas Abweichendes regelt. Aus der Begründung hierzu im überarbeiteten Entwurf ergibt sich, dass für eine solche tarifvertragliche Regelung keinerlei Höchstüberlassungsdauer gilt; die Tarifvertragsparteien sind hier also vollkommen frei.

Neu ist zudem, dass auch Unternehmen, die zwar  Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband sind, aber keiner Tarifbindung unterliegen (sog. "OT-Mitglieder"), aufgrund einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung von der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten abweichen dürfen. Das gilt allerdings nur bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 24 Monaten.

+++ Abweichungen vom Equal-Pay-Grundsatz
Grundsätzlich sollen Leiharbeitnehmer spätestens nach neun Monaten genauso gut bezahlt werden wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs ("Equal Pay"). Die Möglichkeit der Abweichung hiervon durch Tarifvertrag ist im neuen Referentenentwurf allerdings von 12 auf 15 Monate erweitert worden.

+++ Kabinettsbeschluss im März
Die FAZ berichtet, dass das Kabinett den Entwurf am 9.3.2016 beschließen will.

+++ Der Hintergrund:
Mit dem bereits im Koalitionsvertrag verabredeten Gesetz soll einerseits die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung als Instrument zur zeitlich begrenzten Deckung eines Arbeitskräftebedarfs geschärft, andererseits aber auch Missbrauch von Leiharbeit verhindert, die Stellung der Leiharbeitnehmer gestärkt und die Arbeit der Betriebsräte im Entleiherbetrieb erleichtert werden. Der erste Referentenentwurf war nach Auffassung der Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich über die Absprachen im Koalitionsvertrag hinausgegangen. Sie hatte deshalb Nachbesserungen gefordert.

Die Neufassung erscheint konsensfähig: Nicht nur arbeitgebernahe Verbände und Institutionen haben sich positiv zu dem Vorschlag geäußert, sondern auch die mächtigen Industriegewerkschaften IG Metall und IG Bergbau, Chemie, Energie (IB BCE).

ArbRB-Redaktion
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