CGZP: BAG klärt Streitfragen zum Equal-pay-Anspruch der Leiharbeitnehmer
BAG 13.3.2013, 5 AZR 954/11 u.a.Das BAG hatte über fünf Equal-pay-Klagen von Leiharbeitnehmern zu entscheiden, die ursprünglich nach den CGZP-Tarifverträgen bezahlt worden waren und jetzt auf Nachzahlung der Differenz zwischen der von ihren Arbeitgebern gewährten Vergütung und der eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers im Einsatzbetrieb klagten.
In dem Fall mit dem Aktenzeichen 5 AZR 954/11 ging es etwa um eine Leiharbeitnehmerin, die vom 4.5.2009 bis zum 30.6.2010 bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt gewesen und dabei immer in demselben Betrieb eingesetzt worden war. Zum 1.7.2010 wurde sie von dem Betrieb übernommen und bekam ab dann für die gleiche Arbeit eine deutlich höhere Vergütung. Ihr Arbeitsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen hatte auf die CGZP-Tarifverträge Bezug genommen und gesonderte Ausschlussfristen vorgesehen.
Arbeitsgericht und LAG gaben ihrer Klage weitgehend statt. Auf die Revision des Zeitarbeitsunternehmens hob das BAG die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Klage ab.
+++ Die Gründe:
Für die Entscheidung der fünf Klagen auf Differenzvergütung ist das BAG von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
- Bestehen eines Equal-pay-Anspruchs: Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. Leiharbeitnehmer, in deren Arbeitsverträgen auf die von der CGZP abgeschlossenen "Tarifverträge" Bezug genommen ist, haben daher nach § 10 Abs. 4 AÜG grds. einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten
hat. - Kein Vertrauensschutz: Etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.
- Unwirksamkeit der Bezugnahme auf mehrgliedrige Tarifverträge: Soweit in neueren Arbeitsverträgen neben oder anstelle einer Verweisung auf CGZP-Tarifverträge auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), der CGZP und
einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15.3.2010 Bezug genommen wird, ist eine solche Klausel intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sich nicht ersehen lässt, welches der tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. - Verfall des Equal-Pay-Anspruchs: Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG wird zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig. Er unterliegt wirksam vereinbarten Ausschlussfristen. Die Wirksamkeit setzt insbesondere voraus, dass die Verfallfrist drei Monate nicht unterschreitet. Zur Verhinderung des Verfalls genügt eine Geltendmachung des gesetzlichen Anspruchs dem Grunde nach.
- Verjährung des Equal-Pay-Anspruchs: Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Leiharbeitnehmer Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Dafür reicht die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von den Tatsachen. Auf seine rechtliche Beurteilung der Tariffähigkeit der CGZP kommt es nicht an.
- Berechnung des Anspruchs: Der Entgeltanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG besteht während der Dauer der Überlassung an ein entleihendes Unternehmen. Zu seiner Berechnung ist ein Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei bleibt Aufwendungsersatz außer Betracht, es sei denn, es handelt sich um "verschleiertes" und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt.
Nach diesen Grundsätzen war die Klage in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 5 AZR 954/11 wegen Verfalls der Ansprüche abzuweisen.
+++ Der Hintergrund:
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt ("equal pay"). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können.
Tarifverträge, die für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt vorsehen, als es vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten, hatte u.a. die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) mit Arbeitgeberverbänden der Leiharbeitsbranche geschlossen. Nachdem das BAG am 14.12.2010 (1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP nicht tariffähig ist, haben zahlreiche Leiharbeitnehmer auf Nachzahlung der Differenz zwischen der von ihren Arbeitgebern gewährten Vergütung und der eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers geklagt. Die ersten dieser Verfahren haben nunmehr das BAG erreicht.
+++ Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.