Die Auslegung eines Tarifvertrags folgt üblicher Gesetzesauslegungs-Methodik
LAG Nürnberg v. 15.3.2019 - 8 Sa 303/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Es finden die Vorschriften des Flexi-Tarifvertrages zur 7-Tage-Woche (Flexi-TV) und der Haustarifvertrag Anwendung. Unter anderem regelte der Flexi-TV folgendes:
"Für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes wird für alle Beschäftigten des Betriebes ein Härtegeld i.H.v. 600,- € brutto als Einmalzahlung mit der Jahressonderzahlung bezahlt. ... Die Bedingungen, die für den Erhalt der Sonderzahlung (Härtegeld) maßgeblich sind, werden zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat einvernehmlich geregelt."
Der Haustarifvertrag sieht als Weihnachtsgratifikation eine solche Jahressonderzahlung vor. Der Kläger erhielt diese Jahressonderzahlungen, sowie einmalig ein Härtegeld i.H.v. 600,- €. Er ist der Ansicht, dass laut Flexi-TV die Härtegeldzahlung eine jährliche Zuwendung sei, die mit der Jahressonderzahlung ausgezahlt wird.
Die Klage war vor dem Arbeitsgericht erfolglos. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers lehnte das LAG ab.
Die Gründe:
Dem Kläger steht keine weiteren Härtegeldzahlungen zu. Die nach notwendiger Auslegung des Flexi-TV einmalige Härtegeldzahlung wurde dem Kläger bereits ausgezahlt.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzugezogen werden.
Die Auslegung auf diesen Grundlagen ergibt, dass der Flexi-TV für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes eine einmalige Zahlung eines Härtegeldes vorsieht. Der Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung ist nicht eindeutig. Zwar geht nicht klar hervor, dass die Härtegeldzahlung lediglich einmalig erfolgen soll, da ihre Fälligkeit an die Zahlung der Jahressonderzahlung gekoppelt ist. Diese ist ihrem Wortlaut nach eindeutig jährlich auszuzahlen. Jedoch fehlt ebenfalls ein üblicher Zusatz wie "pro Jahr" oder "pro Kalenderjahr", der eindeutig auf eine jährliche Zahlung schließen ließe.
Aufgrund des uneindeutigen Wortlauts des Flexi-TV sind Entstehungsgeschichte und praktische Tarifübung ergänzend hinzuzuziehen. Unstreitig erfolgten die Tarifverhandlungen ausschließlich per E-Mail. Aus dem E-Mail-Verkehr ergibt sich aber eindeutig, dass man dem Wunsch der Gewerkschaft, das Härtegeld jährlich zu leisten, seitens der Arbeitgeberseite gerade nicht nachkommen wollte und werde. Mithin kann dem Kläger kein jährlicher Anspruch auf Härtegeldzahlung aus dem Flexi-TV zugesprochen werden.
Linkhinweis:
Für den in der Datenbank des Landes Bayern veröffentlichten Volltext des Urteils klicken Sie bitte hier.
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Der Kläger ist bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Es finden die Vorschriften des Flexi-Tarifvertrages zur 7-Tage-Woche (Flexi-TV) und der Haustarifvertrag Anwendung. Unter anderem regelte der Flexi-TV folgendes:
"Für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes wird für alle Beschäftigten des Betriebes ein Härtegeld i.H.v. 600,- € brutto als Einmalzahlung mit der Jahressonderzahlung bezahlt. ... Die Bedingungen, die für den Erhalt der Sonderzahlung (Härtegeld) maßgeblich sind, werden zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat einvernehmlich geregelt."
Der Haustarifvertrag sieht als Weihnachtsgratifikation eine solche Jahressonderzahlung vor. Der Kläger erhielt diese Jahressonderzahlungen, sowie einmalig ein Härtegeld i.H.v. 600,- €. Er ist der Ansicht, dass laut Flexi-TV die Härtegeldzahlung eine jährliche Zuwendung sei, die mit der Jahressonderzahlung ausgezahlt wird.
Die Klage war vor dem Arbeitsgericht erfolglos. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers lehnte das LAG ab.
Die Gründe:
Dem Kläger steht keine weiteren Härtegeldzahlungen zu. Die nach notwendiger Auslegung des Flexi-TV einmalige Härtegeldzahlung wurde dem Kläger bereits ausgezahlt.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Wortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzugezogen werden.
Die Auslegung auf diesen Grundlagen ergibt, dass der Flexi-TV für die Laufzeit des 7-Tage-Betriebes eine einmalige Zahlung eines Härtegeldes vorsieht. Der Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung ist nicht eindeutig. Zwar geht nicht klar hervor, dass die Härtegeldzahlung lediglich einmalig erfolgen soll, da ihre Fälligkeit an die Zahlung der Jahressonderzahlung gekoppelt ist. Diese ist ihrem Wortlaut nach eindeutig jährlich auszuzahlen. Jedoch fehlt ebenfalls ein üblicher Zusatz wie "pro Jahr" oder "pro Kalenderjahr", der eindeutig auf eine jährliche Zahlung schließen ließe.
Aufgrund des uneindeutigen Wortlauts des Flexi-TV sind Entstehungsgeschichte und praktische Tarifübung ergänzend hinzuzuziehen. Unstreitig erfolgten die Tarifverhandlungen ausschließlich per E-Mail. Aus dem E-Mail-Verkehr ergibt sich aber eindeutig, dass man dem Wunsch der Gewerkschaft, das Härtegeld jährlich zu leisten, seitens der Arbeitgeberseite gerade nicht nachkommen wollte und werde. Mithin kann dem Kläger kein jährlicher Anspruch auf Härtegeldzahlung aus dem Flexi-TV zugesprochen werden.
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