Dynamische Inbezugnahme eines Tarifvertrags gilt beim Erwerb von Unternehmensanteilen durch Dritten fort - Kein Betriebsübergang
BAG 23.3.2017, 8 AZR 89/15Die Beklagte betreibt eine Rehabilitationsklinik; der Kläger ist bei ihr angestellt. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine Geltung des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) von 1961 mit allen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung vor, sofern der Vertrag nichts Abweichendes regelt. Eine Tarifbindung besteht für die Beklagte nicht.
Mit Wirkung zum 1.1.2002 wurde die M-AG Gesellschafterin der Beklagten.
Zwischen den Parteien bestand ein langjähriger Streit, ob dem Kläger Entgelt nach den Entgelttabellen des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) in der jeweils geltenden Fassung zusteht. In einem Vorprozess im Jahr 2007 bejahte das Arbeitsgericht diese Frage rechtskräftig.
Mit einer weiteren Klage begehrte der Kläger später Zahlung rückständigen Entgelts für die Monate Januar bis November 2013 auf der Grundlage der entsprechenden Tabelle des TVöD und unter Berufung auf das rechtskräftige Vorprozess-Urteil. Die Beklagte wandte ein, sie sei nicht dynamisch an den TVöD gebunden, sondern es gelte statisch der BAT. Dies ergebe sich aus Art. 16 der Charta der Grundrechte und aus dem Urteil des EuGH vom 18.7.2013 (Rs. C-426/11, Alemo-Herron) betreffend die Richtlinie 2001/23/EG.
Arbeitsgericht und LAG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück.
Die Gründe:
Der Kläger hat nach § 2 des Arbeitsvertrags und § 15 TVöD einen Anspruch auf das monatliche Tabellenentgelt für den betreffenden Zeitraum nach der für ihn geltenden Tabelle. Dies steht mit dem rechtskräftigen Urteil aus dem Vorprozess fest.
Die Einwände der Beklagten hinsichtlich des Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften und Grundrechte gehen fehl. Die Situation des Erwerbs von Unternehmensanteilen, hier durch die M-AG, fällt nicht unter die Richtlinie 2001/23/EG und auch nicht in den Anwendungsbereich von Art. 16 der EU- Grundrechtecharta. Der Erwerb von Anteilen stellt keinen Übergang eines Betriebs oder von Betriebsteilen im Sinne der Richtlinie dar.
Das Berufungsurteil konnte dennoch keinen Bestand haben, denn aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich nicht, ob dem Kläger tatsächlich Entgelt nach der von ihm berufenen Entgeltgruppe zusteht oder eine neue Berechnung vorzunehmen ist.
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