06.07.2016

Eingeschränkter Unfallversicherungsschutz für Arbeitnehmer im Home Office

Verunglückt ein Arbeitnehmer, der in einem Home Office arbeitet, auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme innerhalb der eigenen Wohnung, so liegt hierin kein Arbeitsunfall, für den die gesetzliche Unfallversicherung aufkommen müsste. Da die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für ein Home Office kaum präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen ergreifen können, ist es sachgerecht, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung zuzurechnen.

BSG 5.7.2016, B 2 U 2/15 R
Der Sachverhalt:
Die Klägerin kann ihre Arbeitsleistung aufgrund einer Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber auch von zuhause aus erbringen. Hierzu steht ihr in einem gesonderten Raum im Dachgeschoss ihrer Wohnung ein Telearbeitsplatz zur Verfügung. Während der Arbeit in ihrem Home Office verließ sie den Arbeitsraum, um sich in der Küche, die einen Stock tiefer lag, Wasser zu holen. Dabei rutschte sie auf der Treppe aus und verletzte sich. Die beklagte Unfallkasse hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint.

Das SG wies die Klage, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls verlangte, ab; das LSG gab der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob das BSG das Berufungsurteil auf und stellte das klageabweisende Urteil der ersten Instanz wieder her.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Arbeitsunfall i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erlitten. Sie befand sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg, sondern ist auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht. Diesen Weg hat sie nicht zurückgelegt, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um Wasser zum Trinken zu holen. Damit ist sie einer typischen eigenwirtschaftlichen, nicht versicherten Tätigkeit nachgegangen.

Anders als Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung im Betrieb erbringen, unterlag die Klägerin im Unfallzeitpunkt keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Zwar führt die Arbeit im Home Office zu einer Verlagerung von den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich. Die Arbeit von zuhause aus nimmt einer Wohnung aber nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung kaum möglich ist, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen für ein Home Office zu ergreifen. Daher ist es sachgerecht, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der die Unternehmerhaftung abgelöst werden soll, zuzurechnen.

BSG PM Nr. 15/16 vom 5.7.2016
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