20.05.2016

Einvernehmliche Lohnabsenkung zwecks "Nettolohnoptimierung" ist zulässig

Die Arbeitsvertragsparteien können wirksam vereinbaren, dass der Barlohn abgesenkt wird und der Arbeitnehmer im Gegenzug lohnsteuerfreie oder pauschal besteuerte Sachleistungen erhält. Eine solche Vereinbarung ist auch im Sozialversicherungsrecht zu beachten. Sie führt daher auf der einen Seite zu einer Verringerung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, auf der anderen Seite allerdings auch zu einer Verringerung des Arbeitslosen-, Krankengeld- und gesetzlichen Rentenanspruchs.

LSG Baden-Württemberg 10.5.2016, L 11 R 4048/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger betreibt ein Gartencenter. Er hatte mit seinen Arbeitnehmern einvernehmlich schriftlich vereinbart, dass der Bruttolohn abgesenkt wird und die Arbeitnehmer im Gegenzug Sachleistungen erhalten, wie etwa Tankgutscheine, Restaurantschecks, Erholungsbeihilfen, Reinigungspauschalen, Personalrabatte und Kinderbetreuungszuschüsse. Fortan führte er Sozialversicherungsbeiträge nur noch auf der Grundlage der niedrigeren Bruttolöhne ab.

Die beklagte Deutsche Rentenversicherung sah die Änderung der Arbeitsverträge als reine Lohnverwendungsabrede an und forderte deshalb Beiträge auf der Grundlage der zuvor gezahlten Löhne nach. Die hiergegen gerichtete Klage hatte sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem LSG teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Die vereinbarte Änderung der Arbeitsverträge ist wirksam und auch für das Beitragsrecht der Sozialversicherung zu beachten. Soweit nach den beitragsrechtlichen Vorschriften die Arbeitgeberleistungen nicht zum Arbeitsentgelt gehören (z.B. Erholungsbeihilfen) oder bereits mit den richtigen Sachbezugswerten verbeitragt worden sind (z.B. Restaurantschecks), dürfen daher keine weiteren Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden.

Lediglich hinsichtlich einiger Leistungen (Reinigungspauschale, Personalrabatte) lagen die Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit nicht vor. Die Rentenversicherung kann daher nur deutlich geringere Beiträge verlangen.

Der Berücksichtigung der Lohnabsenkung im Sozialversicherungsrecht steht nicht entgegen, dass die Arbeitnehmer in der Konsequenz ggf. auch ein niedrigeres Arbeitslosen- oder Krankengeld erhalten und sie hierdurch ihre Rentenansprüche mindern. Dies ändert nichts an der nach geltendem Recht zulässigen Änderung der Arbeitsverträge im Einvernehmen zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern.

Der Hintergrund:
Zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt gehören gem. § 14 Abs. 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1und 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung

  • einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, soweit sie lohnsteuerfrei sind; dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dem sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt, und
  • Einnahmen nach § 40 Abs 2 EStG.
LSG Baden-Württemberg PM v. 17.5.2016
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