Erhebliches Überziehen der Pausenzeiten kann fristlose Kündigung rechtfertigen
Hessisches LAG 24.11.2010, 8 Sa 492/10Der 35-jährige Kläger ist seit 2001 als Fluglotse bei der Beklagten beschäftigt. Während der Nachtschichten auf dem Flughafen ist nach den einschlägigen Vorschriften zur Flugsicherung eine Besetzung des Towers mit zwei Fluglotsen vorgeschrieben. Die Pausen von je zwei Stunden müssen die Fluglotsen untereinander absprechen. Sie müssen zudem auch in der Pause erreichbar sein.
Aus Videoaufzeichnungen ergab sich, dass der Kläger entgegen seinen Eintragungen im Arbeitsplatznachweis an vier Nächten im August 2009 und in einer Nacht im September 2009 länger als zwei Stunden Pause gemacht hatte. Die Überziehungen der Pausenzeit bewegten sich zwischen 20 und 45 Minuten. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Der hiergegen gerichteten Klage gab das Arbeitsgericht statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das LAG diese Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten ist wirksam. Die Beklagte konnte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gem. § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
Dem Kläger war bekannt war, welche Risiken entstehen können, wenn nicht genügend Fluglotsen am Platz sind. Er wusste zudem, dass es gerade deshalb sechs Wochen zuvor nachts zu einer gefährlichen Annäherung zweier Flugzeuge auf dem Flughafen Frankfurt a.M. gekommen war. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger seinen Arbeitsplatznachweis falsch ausgefüllt hat und so den Eindruck erwecken wollte, er habe die Pausen vorschriftsmäßig genommen.
Angesichts dieser Pflichtverletzungen war der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar. Für die Beschäftigung eines Fluglotsen ist das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit unabdingbar. Die Beklagte durfte daher darauf vertrauen, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz entsprechend den Vorschriften ausfüllt und dies zutreffend dokumentiert. Dies gilt insbesondere für die Nachtstunden, in denen eine Kontrolle faktisch entfällt.
Die Pflichtverletzungen waren so gravierend, dass eine vorherige Abmahnung, um den Kläger zu vertragstreuem Verhalten anzuleiten, überflüssig war. Denn dem Kläger muss klar gewesen sein, dass die Beklagte diese Vertragsverstöße keinesfalls hinnehmen würde.
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