Ersatzurlaub - Zum Verzug des Arbeitgebers mit der Urlaubsgewährung
BAG 14.5.2013, 9 AZR 760/11Der Kläger war bei der Beklagten als Gruppenleiter Qualitätsmanagement angestellt. Er hatte einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Jahresurlaub. Im Februar 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.9.2006. Der Kläger erhob sofort Kündigungsschutzklage und machte seinen Urlaubsanspruch geltend. Der Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig stattgegeben.
In der Folgezeit führten die Parteien mehrere Rechtsstreite, die jedenfalls bis Ende 2008 nicht zu einer Beendigung oder Änderung ihrer Rechtsbeziehung führten. Die Beklagte gewährte dem Kläger in der Zeit von Januar 2006 bis Ende 2008 keinen Urlaub.
Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte habe Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub zu leisten, weil sie sich seit Zustellung der Klageschrift mit der Urlaubsgewährung im Verzug befunden habe. Er beantragte die Beklagte zu verurteilen, ihm bezahlten Ersatzurlaub von jeweils 30 Arbeitstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren. ArbG und LAG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob das BAG das Berufungsurteil teilweise auf und gab der Klage dementsprechend statt..
Die Gründe:
Die Beklagte ist gem. § 275 Abs. 1 u. Abs. 4, § 280 Abs. 1 u. Abs. 3, § 283 S. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 S. 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 90 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 zu gewähren.
Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Der Urlaub des Klägers aus den Jahren 2006 bis 2008 verfiel nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte mit der Urlaubsgewährung im Verzug. Ohne dass es einer Mahnung bedurfte, trat der Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein, weil die Beklagte die Erfüllung des vom Kläger in seiner Klageschrift aus Februar 2006 geltend gemachten Urlaubsanspruchs ernsthaft und endgültig verweigerte. Denn der Kläger konnte nach seiner erfolglosen Aufforderung in der Klageschrift annehmen, die Beklagte beharre auf der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und werde sich weiterhin weigern, ihm während des im Klagezeitraums Urlaub zu gewähren.
Die Beklagte war ungeachtet der zwischen den Parteien in den Jahren 2006 bis 2008 geführten Kündigungsschutzverfahren verpflichtet, dem Kläger Urlaub zu gewähren. Der Anspruch war erfüllbar. Der Arbeitgeber ist rechtlich nicht gehindert, einem Arbeitnehmer in einem nicht wirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis vorbehaltlos bezahlten Urlaub zu erteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien einen Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses führen. Wird es dem Arbeitgeber während des Verzugs infolge der Befristung des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, richtet sich der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis gem. § 249 Abs. 1 BGB auf die Gewährung von Ersatzurlaub. Infolgedessen musste die Beklagte dem Kläger jeweils 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 und somit insgesamt 90 Ersatzurlaubstage gewähren.
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