19.06.2024

Erstattungsfähigkeit von Beschwerdekosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren

§ 12a ArbGG steht der Erstattungsfähigkeit von Beschwerdekosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Anwälte, die im Rahmen des Antrags auf Einstellung der Zwangsvollstreckung in einem Beschwerdeverfahren tätig sind, erhalten die Gebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Während das Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung regelmäßig eine Zusammenhangstätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG darstellt, wenn nicht über den Einstellungsantrag eine gesonderte mündliche Verhandlung stattgefunden hat (dazu Nr. 3328 VV RVG), handelt es sich bei Beschwerdeverfahren auch in Zwangsvollstreckungssachen um eigene Angelegenheiten, § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG.

LAG Berlin-Brandenburg v. 11.6.2024 - 26 Ta (Kost) 6017/24
Der Sachverhalt:
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer Kündigung. Das ArbG setzte auf Basis eines Beschäftigungstitels zugunsten des Klägers gegen die Beklagte ein Zwangsgeld fest und ordnete hilfsweise Zwangshaft an. Nachdem diese Entscheidung durch das beklagte Land zunächst nicht angegriffen worden war, beantragte es schließlich, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des ArbG für unzulässig zu erklären. Außerdem beantragte es, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss einstweilen einzustellen. Das ArbG stellte die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des ArbG "bis zum Erlass des Urteils in der Sache" einstweilen ein. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller im Februar 2019 sofortige Beschwerde ein.

Nachdem das ArbG die Zwangsvollstreckung aus dem ursprünglichen Beschluss für unzulässig erklärt und die Vollstreckung aus dem Beschluss bis zur Rechtskraft des Urteils einstweilen eingestellt hatte, erklärte der Antragsteller das Beschwerdeverfahren für erledigt. Das beklagte Land hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Das LAG entschied über die Beschwerde und stellte fest, "dass sich die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des ArbG erledigt hat". Es erlegte dem beklagten Land die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Die Erledigungserklärung sei zulässig, da der Antragsteller als Rechtsmittelführer ein anzuerkennendes Interesse daran habe, ohne Kostenbelastung allein das Rechtsmittel zu beenden und keine andere Möglichkeit bestehe. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG finde im Beschwerdeverfahren nach § 78 ArbGG gerade keine Anwendung.

Der Antragsteller beantragte Kostenfestsetzung für das Beschwerdeverfahren. Insoweit brachte er eine "1,6-fache Verfahrensgebühr nach § 2 RVG (Nr. 3200 VV)" i.H.v. 184 € sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV) i.H.v. 20 € (incl. Umsatzsteuer rd. 240 €) in Ansatz. Das ArbG wies den Kostenfestsetzungsantrag zurück. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG erfasse auch die Vollstreckungsgegenklage. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien daher dem Erkenntnisverfahren zuzurechnen. Die Kostenentscheidung in dem LAG-Beschluss "sei demzufolge nur hinsichtlich der entstandenen Gerichtskosten zu interpretieren". Der Antragsteller legte gegen den Beschluss sofortige Beschwerde ein und beantragte, die Kosten wie beantragt festzusetzen. Das ArbG (Rechtspfleger) half der Beschwerde nicht ab. Auf die Beschwerde des Antragstellers hob das LAG den Beschluss des ArbG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag an das ArbG zurück.

Die Gründe:
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind erstattungsfähig. § 12a ArbGG steht dem nicht entgegen.

Die Kammer hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 6.4.2020 an das ArbG (Rechtspfleger) zurückzuverweisen. Bei der erneuten Entscheidung wird zu beachten sein, dass der Anwalt, der im Rahmen des Antrags auf Einstellung der Zwangsvollstreckung in einem Beschwerdeverfahren tätig ist, die Gebühren nach Nr. 3500 VV RVG erhält.

Während das Verfahren auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung regelmäßig eine Zusammenhangstätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 RVG darstellt, wenn nicht über den Einstellungsantrag eine gesonderte mündliche Verhandlung stattgefunden hat (dazu Nr. 3328 VV RVG), handelt es sich bei Beschwerdeverfahren auch in Zwangsvollstreckungssachen um eigene Angelegenheiten, § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG.

Dem Antragsteller wird zunächst die Möglichkeit einzuräumen sein, diesen Gesichtspunkten bei seiner weiteren Antragstellung Rechnung zu tragen. Unter Umständen mag es auch Sinn machen, zunächst eine Entscheidung über den Gegenstandswert herbeizuführen, da das Verfahren über den Gegenstandswert vorgreiflich ist.

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