17.06.2016

EU-Kommission verschärft Maßnahmen gegen Anwendung des MiLoG auf ausländische LKW-Fahrer

Die EU-Kommission hat am 16.6.2016 die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland wegen der systematischen Anwendung der Mindestlohnvorschriften auf grenzüberschreitende Transporte eingeleitet. Die Kommission sieht hierin eine unzulässige Beschränkung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs.

Anwendung des MiLoG auf ausländische Unternehmen
Das deutsche Mindestlohngesetz ist am 1.1.2015 in Kraft getreten. Danach müssen auch Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands ihren Mitarbeitern einen Mindestlohn von aktuell 8,50 Euro pro Arbeitsstunde zahlen, wenn sie Dienstleistungen in Deutschland erbringen. Die Unternehmen müssen zudem ihre Tätigkeiten beim deutschen Zoll mit besonderen Formularen anmelden. Die Sanktionen belaufen sich bei Verstößen gegen diese Meldepflicht auf bis zu 30.000 Euro und auf bis zu 500.000 Euro, falls die gezahlten Löhne gegen das deutsche Mindestlohngesetz verstoßen.

Vorübergehende Sonderregelung für den reinen Transitverkehr
Für den reinen LKW-Transitverkehr durch Deutschland wurde die Anwendung des MiLoG auf ausländische LKW-Fahrer aufgrund einer Vereinbarung von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit ihrem polnischen Amtskollegen vorerst ausgesetzt, bis geklärt ist, ob die deutschen Vorschriften mit dem EU-Recht vereinbar sind. Diese Übergangsregelung gilt allerdings nicht für den grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- und Entladung in Deutschland sowie die sog. Kabotagebeförderung (binnenländische Güterbeförderung durch ausländische Frachtführer).

Bedenken der EU-Kommission
Nach einem sog. Pilotverfahren der Kommission, an dem Deutschland freiwillig teilgenommen hatte, hatte die Kommission im Mai 2015 die erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet und Deutschland schriftlich aufgefordert, Stellung zu nehmen. Weder die Antwort auf das Schreiben noch die Gespräche mit den deutschen Behörden konnten allerdings die Bedenken der EU-Kommission ausräumen, so dass jetzt die zweite Stufe des europäischen Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurde.

Nach Auffassung der Kommission ist die Anwendung des Mindestlohns auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen, die nur einen geringen Bezug zum Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufweisen, nicht zu rechtfertigen. Hierdurch würden unangemessene Verwaltungshürden geschaffen, die ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts behindern würden. Es gebe angemessenere Maßnahmen zum sozialen Schutz der Arbeitnehmer, die gleichzeitig einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ermöglichen würden.

Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Europäischen Kommission zu reagieren.

Weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich
Wegen der Anwendung von Mindestlohnvorschriften im Verkehrssektor hat die EU-Kommission am 16.6.2016 auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich eingeleitet. Dort tritt zum 1.7.2016 ein Gesetz in Kraft, wonach der französische Mindestlohn von aktuell 9,67 Euro pro Stunde für alle grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen mit Ausnahme des reinen Transitverkehrs und für Kabotageleistungen gilt.

EU-Kommission PM vom 16.6.2016
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