03.05.2016

EU-Rechtliches Verbot der Altersdiskriminierung gilt auch zwischen Privaten

Das durch die Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie (RL 2000/78/EG) konkretisierte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters findet auch in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen Anwendung. Verstößt eine nationale Rechtsvorschrift gegen dieses Verbot, ist sie entweder richtlinienkonform auszulegen oder, falls dies unmöglich ist, unangewendet zu lassen.

EuGH 19.4.2016, Rs. C-441/14
Der Sachverhalt:
Im Ausgangsverfahren stritten die Erben des dänischen Arbeitnehmers Karsten Eigil Rasmussen mit dessen ehemaligen Arbeitgeber um die Verpflichtung zur Zahlung einer Entlassungsentschädigung.

Im dänischen Recht ist geregelt, dass Angestellte grds. eine Entlassungsentschädigung i.H.v. drei Monatsgehältern beanspruchen können, wenn sie 18 Jahre in dem Betrieb beschäftigt waren. Der Anspruch entfällt allerdings, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Altersrente vom Arbeitgeber erhält und er dem entsprechenden Rentensystem vor Vollendung des 50. Lebensjahres beigetreten war.

Auf diese Ausnahmevorschrift berief sich der Arbeitgeber, als er Herrn Rasmussen nach mehr als 20-jähriger Beschäftigungszeit ohne Zahlung einer Abfindung entließ. Nach der Entlassung begründete der damals 60-jährige Herr Rasmussen ein neues Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber.

Das mit der Klage befasste Oberste Gericht in Dänemark legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters dahingehend auszulegen ist, dass es der fraglichen dänischen Vorschrift entgegensteht. Der EuGH bejahte dies.

Die Gründe:
Das allgemeine Verbot einer Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie (RL 2000/78/EG) ist dahingehend auszulegen, dass es auch in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen anwendbar ist.

Das Verbot der Altersdiskriminierung steht einer nationalen Regelung wie der hier fraglichen entgegen, wonach Arbeitnehmer - unabhängig davon, ob sie sich dafür entscheiden, auf dem Arbeitsmarkt zu verbleiben, oder beschließen, in Rente zu gehen - keine Entlassungsabfindung beziehen können, wenn sie Anspruch auf eine Altersrente haben, die von ihrem Arbeitgeber aus einem Rentensystem gezahlt wird, dem sie vor Vollendung ihres 50. Lebensjahres beigetreten sind.

Ein nationales Gericht, das mit einem in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 fallenden Rechtsstreit zwischen Privatpersonen befasst ist, hat die nationalen Vorschriften grds. so auszulegen, dass sie im Einklang mit dieser Richtlinie angewandt werden können. Sollte eine solche richtlinienkonforme Auslegung unmöglich sei, ist die nationale Vorschriften, die gegen das allgemeine Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstößt, unangewendet zu lassen. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen. Der Einzelne darf auch nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, den betreffenden Mitgliedstaat wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht haftbar zu machen.

Linkhinweis:
Für den auf der Homepage des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

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