EuGH-Vorlage: Werden Teilzeitbeschäftigte bei der Vergütung diskriminiert?
BAG v. 11.11.2020 - 10 AZR 185/20
Der Sachverhalt:
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Luftfahrtunternehmen. Der Kläger ist dort als Flugzeugführer und Erster Offizier in Teilzeit beschäftigt. Seine Arbeitszeit ist auf 90 % der Vollarbeitszeit verringert. Er erhält eine um 10 % ermäßigte Grundvergütung. Im Hinblick auf die anwendbaren Tarifverträge erhält ein Arbeitnehmer eine über die Grundvergütung hinausgehende Mehrflugdienststundenvergütung, wenn er eine bestimmte Zahl von Flugdienststunden im Monat geleistet und damit die Grenzen für die erhöhte Vergütung überschritten ("ausgelöst") hat. Die sog. Auslösegrenzen gelten einheitlich für Arbeitnehmer in Teilzeit und in Vollzeit.
Der Kläger verlangte von der Beklagten für die erbrachten Mehrflugdienststunden eine höhere als die bereits geleistete Vergütung. Er war der Ansicht, die tariflichen Bestimmungen seien unwirksam. So behandelten sie Teilzeitbeschäftigte schlechter als Arbeitnehmer in Vollzeit. Ein sachlicher Grund dafür bestehe nicht. Die Auslösegrenzen seien entsprechend seinem Teilzeitanteil abzusenken. Die Beklagte hielt die Tarifnormen hingegen für wirksam. Die Vergütung für Mehrflugdienststunden diene schließlich dazu, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Sie bestehe erst, wenn die tariflichen Auslösegrenzen überschritten seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat sie im Berufungsverfahren abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das BAG das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen nach der Auslegung der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Gründe:
Tarifvertragliche Bestimmungen, die eine zusätzliche Vergütung davon abhängig machen, dass dieselbe Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, ohne zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zu unterscheiden, werfen Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht auf. Diese Fragen müssen durch ein Vorabentscheidungsersuchen geklärt werden, das der Senat an den EuGH richtet:
BAG PM Nr. 40 vom 11.11.2020
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Luftfahrtunternehmen. Der Kläger ist dort als Flugzeugführer und Erster Offizier in Teilzeit beschäftigt. Seine Arbeitszeit ist auf 90 % der Vollarbeitszeit verringert. Er erhält eine um 10 % ermäßigte Grundvergütung. Im Hinblick auf die anwendbaren Tarifverträge erhält ein Arbeitnehmer eine über die Grundvergütung hinausgehende Mehrflugdienststundenvergütung, wenn er eine bestimmte Zahl von Flugdienststunden im Monat geleistet und damit die Grenzen für die erhöhte Vergütung überschritten ("ausgelöst") hat. Die sog. Auslösegrenzen gelten einheitlich für Arbeitnehmer in Teilzeit und in Vollzeit.
Der Kläger verlangte von der Beklagten für die erbrachten Mehrflugdienststunden eine höhere als die bereits geleistete Vergütung. Er war der Ansicht, die tariflichen Bestimmungen seien unwirksam. So behandelten sie Teilzeitbeschäftigte schlechter als Arbeitnehmer in Vollzeit. Ein sachlicher Grund dafür bestehe nicht. Die Auslösegrenzen seien entsprechend seinem Teilzeitanteil abzusenken. Die Beklagte hielt die Tarifnormen hingegen für wirksam. Die Vergütung für Mehrflugdienststunden diene schließlich dazu, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen. Sie bestehe erst, wenn die tariflichen Auslösegrenzen überschritten seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat sie im Berufungsverfahren abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das BAG das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen nach der Auslegung der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Gründe:
Tarifvertragliche Bestimmungen, die eine zusätzliche Vergütung davon abhängig machen, dass dieselbe Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, ohne zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten zu unterscheiden, werfen Fragen nach der Auslegung von Unionsrecht auf. Diese Fragen müssen durch ein Vorabentscheidungsersuchen geklärt werden, das der Senat an den EuGH richtet:
- Ist für die Prüfung, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden, weil eine zusätzliche Vergütung davon abhängt, dass eine einheitlich geltende Zahl von Arbeitsstunden überschritten wird, auf die Gesamtvergütung und nicht auf den Entgeltbestandteil der zusätzlichen Vergütung abzustellen?
- Kann eine mögliche schlechtere Behand-lung von Teilzeitbeschäftigten gerechtfertigt werden, wenn mit der zusätzlichen Vergütung der Zweck verfolgt wird, eine besondere Arbeitsbelastung auszugleichen?