19.02.2016

Fluggesellschaften sind Arbeitgebern bei Verspätungen auf Geschäftsreisen zum Schadensersatz verpflichtet

Kommt es auf einer Geschäftsreise von Arbeitnehmern zu Flugverspätungen und entsteht dem Arbeitgeber hierdurch ein Schaden, so kann er die Fluggesellschaft nach dem Montreal-Abkommen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Der Anspruch ist allerdings der Höhe nach begrenzt auf die Summe der Schadenersatzleistungen, die den betroffenen Reisenden zuerkannt werden könnten, wenn diese jeweils für sich eine Klage erhoben hätten.

EuGH 17.2.2016, C‑429/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist ein öffentlicher Arbeitgeber aus Litauen. Er hatte für zwei seiner Mitarbeiter bei der beklagten Air Baltic eine Flugreise von Vilnius (Litauen) über Riga (Lettland) und Moskau (Russland) nach Baku (Aserbaidschan) gebucht. Weil der Flug von Riga nach Moskau Verspätung hatte, erreichten die Arbeitnehmer den vorgesehenen Anschlussflug nach Baku nicht und wurden von der Beklagten auf einen späteren Flug umgebucht. In der Folge erreichten sie Baku mit 14 Stunden Verspätung.

Die Verspätung führte zu einer Verlängerung der Geschäftsreise. Der Kläger musste seinen Arbeitnehmern deshalb gemäß der litauischen Regelungen zusätzliche Reisekosten und Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. insgesamt 338 Euro bezahlen. Diesen Betrag verlangte der Kläger von der Beklagten ersetzt.

Auf die hierauf gerichtete Klage setzte der Oberste Gerichtshof Litauens das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das Montreal-Abkommen dahingehend auszulegen ist, dass die Fluggesellschaft in einem solchen Fall auch für den Schaden des Arbeitgebers haftet. Der EuGH bejahte dies im Grundsatz.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus Art. 19, 22, 29 des Montreal-Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr einen Anspruch auf Schadensersatz.

Die Vorschriften sind nach ihrem Wortlaut, dem Zusammenhang, in dem sie stehen, sowie dem mit dem Übereinkommen verfolgten Ziel des Schutzes der Verbraucherinteressen dahingehend auszulegen, dass sie nicht nur auf den Schaden anzuwenden sind, den ein Reisender erlitten hat. Vielmehr ist auch der Schaden von dem Übereinkommen umfasst, den eine Person in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber erlitten hat, die mit einem Luftfrachtführer einen Vertrag über die internationale Beförderung geschlossen hat, dessen Gegenstand die Beförderung von Reisenden ist, die ihre Arbeitnehmer sind.

Aus dem Erfordernis der Haftungsbeschränkung "je Reisenden" folgt allerdings, dass der Schadensersatzanspruch eines Arbeitgebers der Höhe nach nicht unbegrenzt ist. Die Fluggesellschaft muss ihm maximal den Betrag erstatten, der sich aus der Summe der Schadenersatzleistungen ergibt, die die reisenden Arbeitnehmer verlangen könnten, wenn sie jeweils für sich eine Schadensersatzklage gegen die Fluggesellschaft erhoben hätten.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

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