30.08.2013

Freier Arbeitsplatz im Ausland steht einer betriebsbedingten Kündigung nicht entgegen

Eine betriebsbedingte Kündigung scheidet gem. § 1 Abs. 2 KSchG zwar aus, wenn eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten - ggf. auch schlechteren - Arbeitsbedingungen möglich ist. Das bezieht sich aber grds. nicht auf freie Arbeitsplätze im Ausland. Denn der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist nur auf in Deutschland gelegene Betriebe anzuwenden. Daher muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zunächst einen freien Arbeitsplatz in einer im Ausland gelegenen Betriebsstätte anbieten, bevor er betriebsbedingt kündigen darf.

BAG 29.8.2013, 2 AZR 809/12
Der Sachverhalt:
Das beklagte Textilunternehmen mit Sitz in Nordrhein-Westfalen unterhält seit geraumer Zeit eine zweite Produktionsstätte in der Tschechischen Republik. Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, ihre gesamte Produktion ins Ausland zu verlagern und in Deutschland nur noch die Verwaltung nebst "kaufmännischem Bereich" zu betreiben. Sie kündigte deshalb die Arbeitsverhältnisse aller in Deutschland beschäftigten Produktionsmitarbeiter, zu denen auch die Klägerin gehörte, ordentlich betriebsbedingt.

Mit ihrer Klage rügte die Klägerin die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung. Die Beklagte habe ihr durch den Ausspruch einer Änderungskündigung die Möglichkeit geben müssen, über einen Umzug in die Tschechische Republik zumindest nachzudenken. Die Kündigungsschutzklage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin wirksam gekündigt.

Aus § 1 Abs. 2 KSchG folgt zwar eine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung - ggf. im Wege der Änderungskündigung - eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten ("Vorrang der Änderungs- vor der Beendigungskündigung"). Das bezieht sich aber grds. nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers.

Denn der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist gem. § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in Deutschland liegen. In diesem Sinn muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 KSchG verstanden werden.

Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war hier nicht zu entscheiden.

Aufgrund der Verlagerung der "Endfertigung" in die - mehrere hundert Kilometer von ihrem Sitz entfernte - tschechische Betriebsstätte hatte die Beklagte keine Möglichkeit mehr, die Klägerin in einem inländischen Betrieb weiterzubeschäftigen. Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, lagen nicht vor.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BAG veröffentlicht. Für die Pressemitteilung des BAG klicken Sie bitte hier.

BAG PM Nr. 52/13 vom 29.8.2013
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