01.08.2017

Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegenüber Arbeitgeber setzt Inanspruchnahme dessen als Gläubiger voraus

Eine wirksame Abtretung eines Freistellungsanspruchs des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber liegt erst dann vor, wenn der Betriebsrat von seinem Gläubiger zuvor in Anspruch genommen worden ist. Dies erfordert eine Rechnungsstellung an den Betriebsrat als Auftraggeber. Eine Übermittlung der Rechnung an den Arbeitgeber reicht hingegen nicht aus.

LAG Hessen, 24.4.2017, 16 TaBV 238/16
Der Sachverhalt:
Der Arbeitgeber hatte erfolgreich eine zuvor stattgefundene Betriebsratswahl angefochten. Eine Neuwahl des Betriebsrats fand in der darauf folgenden Zeit nicht statt. Der Betriebsrat beantragte beim Arbeitsgericht die Errichtung einer Einigungsstelle. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Betriebsrats zunächst statt. Das LAG änderte jedoch auf Beschwerde des Arbeitgebers hin den Beschluss des Arbeitsgerichts ab und wies den Antrags zurück.

Der Betriebsrat trat seinen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber in Bezug auf die Rechtsanwaltskosten der Verfahren sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe einer Hauptforderung von 4.6999,36 € an den Antragsteller, eine Rechtsanwaltskanzlei, ab. Im Folgenden übersandte der Antragsteller dem Betriebsrat an den Arbeitgeber adressierte Gebührenrechnungen mit der Bitte um Weiterleitung an diesen. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Der Antragsteller machte einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten aus abgetretenem Recht gegenüber dem Arbeitgeber geltend. Dem Antrag wurde vor dem Arbeitsgericht stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Arbeitgebers hatte vor dem LAG jedoch Erfolg.

Die Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm gegenüber dem Arbeitgeber gestellten Rechnungen aus § 40 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 398 BGB.

Der Betriebsrat bleibt zwar grds. auch nach Ende seiner Amtszeit gem. §§ 22 BetrVG, 49 Abs. 2 BGB dazu befugt, noch nicht erfüllte Kostenerstattungsansprüche gegen den Arbeitgeber zu verfolgen und abzutreten.

Damit ein Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber wirksam vorliegt, muss der Betriebsrat von seinem Gläubiger in Anspruch genommen worden sein. Dies setzt eine Rechnungsstellung ihm gegenüber voraus. Eine solche liegt im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Eine Übermittlung der Rechnung an den Arbeitgeber reicht insoweit nicht aus.

Die erfolgte Abtretung des Freistellungsanspruchs kann erst ihre Wirkung entfalten, wenn und sobald alle Voraussetzungen für die Entstehung der Forderung in der Person des Veräußerers gegeben sind. Dies ist vorliegend erst der Fall, wenn dem Betriebsrat als Auftraggeber eine unterzeichnete Vergütungsrechnung des Rechtsanwalts nach § 10 RVG vorliegt. Vorher braucht der Auftraggeber trotz Fälligkeit nicht zu zahlen. Dementsprechend ist daher auch keine wirksame Abtretung möglich. Der Umstand, dass die Rechnungen dem Arbeitgeber über den Betriebsrat übermittelt worden sind, ist ebenso irrelevant. Der Betriebsrat wird lediglich als Bote tätig. Die Rechnungen sind nicht an ihn, sondern an den Arbeitgeber adressiert, so dass er als der eindeutige Schuldner der Rechnungen zu identifizieren ist.

Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten der Justiz Hessen veröffentlichte Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

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