Generelles Kopftuch-Verbot an Berliner Schulen unzulässig - Abgelehnte Bewerberin hat Anspruch auf Entschädigung
LAG Berlin-Brandenburg 9.2.2017, 14 Sa 1038/16Die Klägerin trägt ein muslimisches Kopftuch. Sie hatte sich beim Land Berlin um eine Stelle als Grundschullehrerin beworben. Nachdem sie erklärt hatte, dass sie das Kopftuch auch im Unterricht tragen wollen, wurde ihre Bewerbung abgelehnt. Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Benachteiligung aufgrund ihrer Religion und klagte auf Zahlung einer Entschädigung. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das LAG gab ihr statt, ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BAG zu.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen das beklagte Land einen Anspruch aus §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1, 1 AGG auf eine Entschädigung i.H.v. zwei Monatsgehältern, was bei der ausgeschriebenen Lehrerstelle einem Betrag von 8.680 Euro entspricht. Die Ablehnung der Bewerbung im Zusammenhang mit dem muslimischen Kopftuch stellt eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Religion dar.
Zwar untersagt § 2 des Berliner Neutralitätsgesetzes Lehrkräften in öffentlichen Schulen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke. Diese Vorschrift ist aber im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 und v. 18.10.2016 - 1 BvR 354/11) einschränkend auszulegen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesen Entscheidungen die erhebliche Bedeutung der Glaubensfreiheit herausgestellt und entschieden, dass ein generelles Kopftuch-Verbot ohne konkrete Gefährdung nicht zulässig ist.
Eine solche konkrete Gefährdung geschützter Rechtsgüter durch die Klägerin hat das beklagte Land nicht geltend gemacht.