Gewalt gegen Jobcenter-Mitarbeiter kann Hausverbot rechtfertigen
LSG Nds.-Bremen v. 16.6.2019, L 11 AS 190/19 B ER
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) beim Antragsgegner (Jobcenter). Ende Oktober 2018 wollte der Antragsteller im Jobcenter eine Heizkostenbeihilfe beantragen. Im Laufe des Gesprächs kam es zu einem Disput, bei dem der Antragsteller in Wut geriet, das Telefon des Sachbearbeiters in dessen Richtung warf und seinen Schreibtisch verrückte. Das Jobcenter stellte daraufhin Strafanzeige. Das AG verurteilte den Antragsteller im April 2019 wegen Sachbeschädigung. Eine versuchte Körperverletzung schloss es aus, da dem Antragsteller ein Vorsatz nicht habe nachgewiesen werden können.
Das Jobcenter hatte unmittelbar nach dem Vorfall ein 14-monatiges Hausverbot gegen den Antragsteller verhängt, da der Mann mit seinem ungebührlichen, handgreiflichen Verhalten den Hausfrieden gestört habe und weitere Störungen zu befürchten seien. Zukünftige Anträge könnten schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Demgegenüber bestand der Antragsteller darauf, seine Anliegen ungehindert vortragen zu können. Er meinte, sein Verhalten sei nicht als nachhaltige Störung zu bewerten. Das Jobcenter wolle an ihm ein Exempel statuieren, da er sich schon mehrfach beschwert habe.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Das LSG hat die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 86b Abs 1 Nr 2 SGG lagen nicht vor, weshalb das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt hatte.
Ungeachtet des Umstandes, dass der Antragsteller vom Tatvorwurf der versuchten Körperverletzung freigesprochen worden war, trug allein die festgestellte Sachbeschädigung durch Herausreißen und Wegwerfen des Telefons die Begründung einer nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes. Es handelte sich gerade nicht mehr nur um eine deutliche Grenzüberschreitung, sondern um eine strafbare Handlung, die schon nach ihrem Wesensgehalt ein aggressives und bedrohliches Verhalten beinhaltete. Damit wurde mehr als deutlich die Grenze zu einem "schwierigen Besucher" überschritten.
Hinzu kam, dass der Antragsteller schon drei Jahre zuvor durch Drohungen im Jobcenter in auffällig geworden war. Selbst wenn sein damaliges Verhalten zwar bedrohlich, aber noch nicht strafbar gewesen war, reichte dies durchaus für ein Hausverbot aus. Denn prognostisch war schon aufgrund des letzten Vorfalls mit weiteren Störungen zu rechnen. Dem Antragsteller kann auf jeden Fall zugemutet werden, mit dem Jobcenter postalisch, telefonisch oder per E-Mail zu verkehren ohne die Diensträume zu betreten.
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Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.8.2019
Der Antragsteller steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) beim Antragsgegner (Jobcenter). Ende Oktober 2018 wollte der Antragsteller im Jobcenter eine Heizkostenbeihilfe beantragen. Im Laufe des Gesprächs kam es zu einem Disput, bei dem der Antragsteller in Wut geriet, das Telefon des Sachbearbeiters in dessen Richtung warf und seinen Schreibtisch verrückte. Das Jobcenter stellte daraufhin Strafanzeige. Das AG verurteilte den Antragsteller im April 2019 wegen Sachbeschädigung. Eine versuchte Körperverletzung schloss es aus, da dem Antragsteller ein Vorsatz nicht habe nachgewiesen werden können.
Das Jobcenter hatte unmittelbar nach dem Vorfall ein 14-monatiges Hausverbot gegen den Antragsteller verhängt, da der Mann mit seinem ungebührlichen, handgreiflichen Verhalten den Hausfrieden gestört habe und weitere Störungen zu befürchten seien. Zukünftige Anträge könnten schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Demgegenüber bestand der Antragsteller darauf, seine Anliegen ungehindert vortragen zu können. Er meinte, sein Verhalten sei nicht als nachhaltige Störung zu bewerten. Das Jobcenter wolle an ihm ein Exempel statuieren, da er sich schon mehrfach beschwert habe.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Das LSG hat die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem. § 86b Abs 1 Nr 2 SGG lagen nicht vor, weshalb das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt hatte.
Ungeachtet des Umstandes, dass der Antragsteller vom Tatvorwurf der versuchten Körperverletzung freigesprochen worden war, trug allein die festgestellte Sachbeschädigung durch Herausreißen und Wegwerfen des Telefons die Begründung einer nachhaltigen Störung des Dienstbetriebes. Es handelte sich gerade nicht mehr nur um eine deutliche Grenzüberschreitung, sondern um eine strafbare Handlung, die schon nach ihrem Wesensgehalt ein aggressives und bedrohliches Verhalten beinhaltete. Damit wurde mehr als deutlich die Grenze zu einem "schwierigen Besucher" überschritten.
Hinzu kam, dass der Antragsteller schon drei Jahre zuvor durch Drohungen im Jobcenter in auffällig geworden war. Selbst wenn sein damaliges Verhalten zwar bedrohlich, aber noch nicht strafbar gewesen war, reichte dies durchaus für ein Hausverbot aus. Denn prognostisch war schon aufgrund des letzten Vorfalls mit weiteren Störungen zu rechnen. Dem Antragsteller kann auf jeden Fall zugemutet werden, mit dem Jobcenter postalisch, telefonisch oder per E-Mail zu verkehren ohne die Diensträume zu betreten.
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