04.11.2016

Hans-Böckler-Stiftung: Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erteilt Arbeitgebern im Hinblick auf den Umgang mit Betriebsräten schlechte Noten: Arbeitgeber behinderten jede sechste Betriebsratsgründung; sie schüchterten Kandidaten ein, drohten mit Kündigungen oder verhinderten die Bestellung eines Wahlvorstands. Dies ist das Ergebnis einer Befragung von 159 hauptamtlichen Gewerkschaftern. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände wies die Vorwürfe zurück.

Wer wurde befragt?
Das WSI hat im vergangenen Jahr 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. Zuletzt wurde eine solche Umfrage 2012 durchgeführt - mit ähnlichen Ergebnissen.

Viele Versuche von Wahlbehinderungen
Mehr als die Hälfte der Befragten hat angegeben, Fälle zu kennen, in denen Unternehmen versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern. Besonders betroffen waren demnach Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und des Gastgewerbes: Dort hätten 76 Prozent der Hauptamtlichen Kenntnis von Störmanövern der Arbeitgeber. In der Metall- und Elektroindustrie seien es 53 Prozent, im Organisationsbereich der IG BCE 43 Prozent. Über ein Drittel der Gewerkschafter berichtet darüber hinaus von Versuchen, die Arbeit bereits gewählter Gremien zu erschweren.

Besonders Neugründungen von Betriebsräten betroffen
Besonders gegen Neugründungen von Betriebsräten gehen Unternehmen nach dem Ergebnis der Studie häufig aggressiv vor. So seien etwa von 835 erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen im Bereich von IG BCE und IG Metall 16,3 Prozent von Behinderungen seitens der Unternehmen betroffen.

In welcher Form erfolgen die Behinderungen?
In 71 Prozent der Fälle, in denen es zu einer Behinderung kam, haben die Unternehmen nach Mitteilung der Befragten vor allem versucht, die Kandidaten einzuschüchtern. In 66 Prozent der Konfliktfälle sei versucht worden, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern; in 43 Prozent der Fälle hätten Arbeitgeber ihnen nahestehende Kandidaten unterstützt. In einem Fünftel der betroffenen Betriebe sei Kandidaten gekündigt worden.

Die befragten Gewerkschaftler berichteten außerdem von Versuchen, Mitglieder zum Rücktritt zu drängen, sowie Kündigungen und Auflösungsanträgen beim Arbeitsgericht. Nach ihren Angaben nahm etwa die Hälfte der Arbeitgeber bei ihren Störaktionen externe Hilfe durch Anwaltskanzleien oder Beratungen in Anspruch.

Welche Unternehmen sind am meisten betroffen?
Nach der Untersuchung kommen Störungen überproportional häufig in inhabergeführten Unternehmen der mittleren Größenklasse mit 50 bis 200 Beschäftigten vor.

Der Hintergrund: Die Hans-Böckler-Stiftung ist das Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des DGB. Ihr Hauptanliegen ist die Förderung der Mitbestimmung als Gestaltungsprinzip einer demokratischen Gesellschaft. Die Stiftung wirbt nach eigenen Angaben für diese Idee, unterstützt Mandatsträger in Mitbestimmungsfunktionen und tritt für erweiterte Mitbestimmungsrechte ein.

Mehr zum Thema im ArbRB-Blog: Spiegelt die Umfrage den deutschen Betriebsalltag tatsächlich wider? Und wie ist es zu bewerten, dass es die meisten Beschwerden über inhabergeführte Unternehmen mit 50 bis 200 Beschäftigten gab? Teilen Sie uns gerne im ArbRB-Blog Ihre Erfahrungen als Berater mit. 

WSI PM vom 3.11.2016
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