In Bezug genommene Tarifverträge gelten nach Betriebsübergang weiter - Kein Verstoß gegen EU-Recht
LAG Berlin-Brandenburg 3.12.2014, 24 Sa 1126/14Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Er hatte mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag geschlossen, wonach auf das Arbeitsverhältnis der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Nach dem Betriebsübergang schloss die Beklagte mit Ver.di mehrere Haustarifverträge und wendete sie auf das Arbeitsverhältnis an.
Unter Hinweis auf diese Haustarifverträge weigerte sich die Beklagte, die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Gehaltserhöhungen an den Kläger zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem LAG Erfolg. Dieses ließ allerdings die Revision zum BAG zu.
Die Gründe:
Die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sind weiterhin in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Demgegenüber sind die Haustarifverträge für das Arbeitsverhältnis nicht von Bedeutung, da sie weder einzelvertraglich vereinbart worden sind noch kraft Tarifbindung gelten. Eine Ablösung der in Bezug genommenen Tarifverträge ist wegen der fehlenden Tarifbindung des Klägers auch nicht gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB infolge des Betriebsübergangs erfolgt.
Die zeitdynamische Weitergeltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes widerspricht nicht der Entscheidung des EuGH vom 8.7.2013 (Rs. C-426/11 - "Alemo-Herron"). Der von der Richtlinie 2001/23/EG geforderte Schutz der Erwerberinteressen und die in der Grundrechtecharta garantierte Unternehmerfreiheit gebieten es nicht, eine Bindung des Betriebserwerbers an die arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge auszuschließen, solange das nationale Recht eine Anpassung des Vertrags durch einvernehmliche Änderung oder Änderungskündigung ermöglicht.
Ein anderes Verständnis der EuGH-Rechtsprechung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.