Insolvenz: Bindungswirkung der Kostengrundentscheidung
BAG 11.3.2015, 10 AZB 101/14Der Kläger war bei der Beklagten seit 2008 als Torwarttrainer im Nachwuchsleistungszentrum tätig. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im September 2012. Das ArbG stellte daraufhin fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Darüber hinaus verurteilte es die Beklagte dazu, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein. Sie verwies darauf, dass dies zunächst nur fristwahrend erfolge. Die Gegenseite werde gebeten, vorerst von einer Bestellung in der Berufungsinstanz Abstand zu nehmen.
Am 1.6.2013 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger beantragte am 12.7.2013 die Aufnahme des Verfahrens nach § 86 Abs. 1 InsO. Der Schriftsatz wurde dem Insolvenzverwalter am 24.7.2013 zugestellt. Dieser nahm nach Hinweis des LAG auf den inzwischen eingetretenen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 7.10.2013 die Berufung zurück. Daraufhin hat das LAG am 18.10.2013 des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt und der Beklagten die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten auferlegt.
Der Kläger beantragte Kostenfestsetzung und machte geltend, es handele sich hierbei um eine Masseforderung. Er habe seinen Prozessbevollmächtigten erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Berufungsinstanz mandatiert. Das für die Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs erforderliche Prozessrechtsverhältnis sei erst durch die mit Schriftsatz vom 12.7.2013 erklärte Aufnahme des Rechtsstreits begründet worden. Die Beklagte war der Ansicht, der Kostenfestsetzungsbeschluss habe wegen des nach § 89 InsO bestehenden Vollstreckungsverbots nicht erlassen werden dürfen.
Das AG hat das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten nach § 258 InsO aufgehoben und die Kosten in beantragter Höhe gegen die Beklagte festgesetzt. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel blieben in allen Instanzen erfolglos.
Die Gründe:
Wird in einem Rechtsstreit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kostengrundentscheidung getroffen, ist darin über die Einordnung der Verfahrenskosten als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung zu entscheiden. Dies gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem die Kostenregelungen der ZPO nach § 46 Abs. 2 ArbGG anwendbar sind. Werden dem Insolvenzverwalter als Partei die Kosten des Verfahrens - ganz oder teilweise - auferlegt, ist dies grundsätzlich so zu verstehen, dass diese Kostenforderungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeiten sind.
Die Beantwortung der Frage, ob die zu erstattenden Verfahrenskosten Insolvenz- oder Masseforderungen sind, kann nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 ff. ZPO) verlagert werden. Die Organe dieses Verfahrens sind vielmehr grundsätzlich an die Kostengrundentscheidung gebunden. Werden einer Partei die gesamten Prozesskosten unterschiedslos auferlegt, ist eine Differenzierung in der nachfolgenden Verfahrensstufe grundsätzlich nicht mehr zulässig. Das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren dient nicht dazu, materiell-rechtliche Fragen außerhalb des Kostenrechts zu klären. Enthält die Kostengrundentscheidung keine Differenzierung hinsichtlich der vor und nach Insolvenzeröffnung bzw. Aufnahme des Prozesses entstandenen Kosten, ist diese Entscheidung für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend.
Mit Beschluss vom 18.10.2013 hatte das LAG dem Insolvenzverwalter als Berufungskläger die durch das Rechtsmittel der Berufung entstandenen Kosten auferlegt. Da diese Kostenentscheidung nur die im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten betraf, bedurfte es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Insolvenzverwalter auch die vor der Unterbrechung entstandenen Kosten der unteren Instanz als Masseverbindlichkeit zu tragen hatte. Die Kosten waren nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenüber der Beklagten festzusetzen. Sie hatte dadurch das Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse zurückerhalten und musste für die Prozesskosten haften.
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