Kein Anspruch auf Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO allein wegen Befürchtungen und Spannungen
BAG v. 20.6.2024 - 8 AZR 124/23
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten seit April 2020 letztlich erfolglose Gespräche über die Aufhebung des seit März 2014 bestehenden Arbeitsverhältnisses geführt. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.6.2020 begehrte die Klägerin von der Beklagten Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO sowie eine Kopie dieser Daten nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Dies lehnte die Beklagte wie folgt ab:
"Mit Ihrem Auskunftsverlangen beeindrucken Sie niemanden. Bitte klagen Sie den Anspruch ein, wenn Ihre Mandantin meint, das Arbeitsverhältnis auf diese Weise fortsetzen zu müssen."
Nach fristgemäßer Kündigung hat die Klägerin die verweigerte Auskunft sowie die Erteilung der geforderten Kopie im Klagewege geltend gemacht. Zudem hat sie wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO ein "Schmerzensgeld" i.H.v. mind. 5.000 € verlangt. Sie hat behauptet, wegen der Verweigerung der Auskunft keinerlei Möglichkeit der Überprüfung der Datenverarbeitung gehabt zu haben. Dieser Kontrollverlust sei spürbar und erheblich. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Beklagte die Auskunft vor dem Hintergrund eines Konflikts zunächst vorsätzlich und böswillig verweigert habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin immateriellen Schadenersatz i.H.v. 4.000 € zugesprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LAG das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Das BAG hat diese Entscheidung im Revisionsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
Die Klägerin hatte bereits keinen Schaden dargelegt. Das Erfordernis eines Schadens und der entsprechenden Darlegungslast der Klagepartei ist durch die jüngsten Entscheidungen des EuGH hinreichend geklärt (vgl. hierzu BAG 25.4.2024 - 8 AZR 209/21). Danach geht aus dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines "Schadens" eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (EuGH 25.1.2024 - C-687/21 - MediaMarktSaturn).
Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast hat der EuGH klargestellt, dass die Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung nachweisen muss, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist. Nach EuGH-Rechtsprechung können negative Gefühle ("Befürchtung") zwar einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens begründen. Das bloße Berufen auf eine bestimmte Gefühlslage reicht aber nicht aus, denn das Gericht hat zu prüfen, ob das Gefühl unter Berücksichtigung der konkreten Umstände "als begründet angesehen werden kann" (EuGH 14.12.2023 - C-340/21 - Natsionalna agentsia za prihodite).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Schaden i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO dargelegt. Sie hatte zwar ihre aus Unkenntnis der Datenverarbeitung resultierenden Befürchtungen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Solche Befürchtungen liegen bei einer nicht oder unvollständig erteilten Auskunft jedoch in der Natur der Sache. Für die Darlegung eines Schadens reicht auch die Hervorhebung besonderer Spannungen mit dem Auskunftsverpflichteten nicht aus.
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Rechtsprechung:
Darlegungslast für immateriellen DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen Daten-Scrapings
OLG Oldenburg vom 21.5.2024 - 13 U 100/23
CR 2024, 524
BAG online
Die Parteien hatten seit April 2020 letztlich erfolglose Gespräche über die Aufhebung des seit März 2014 bestehenden Arbeitsverhältnisses geführt. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.6.2020 begehrte die Klägerin von der Beklagten Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO sowie eine Kopie dieser Daten nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Dies lehnte die Beklagte wie folgt ab:
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Die Klägerin hatte bereits keinen Schaden dargelegt. Das Erfordernis eines Schadens und der entsprechenden Darlegungslast der Klagepartei ist durch die jüngsten Entscheidungen des EuGH hinreichend geklärt (vgl. hierzu BAG 25.4.2024 - 8 AZR 209/21). Danach geht aus dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines "Schadens" eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (EuGH 25.1.2024 - C-687/21 - MediaMarktSaturn).
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