13.04.2017

Kein Anspruch des örtlichen Betriebsrats auf Schulung zu einer neuen konzernweiten Workforce Management Software

Plant ein Konzern die unternehmensweite Einführung einer Workforce Management Software, steht dem Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht zu. Die Zuständigkeit dafür liegt aber beim Konzern- bzw. Gesamtbetriebsrat, so dass ein örtlicher Betriebsrat keine diesbezügliche Schulung von Mitgliedern verlangen kann.

LAG Rheinland-Pfalz 17.11.2016, 7 TaBV 24/16
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 2 ist ein Einzelhandelsunternehmen mit ca. 400 Filialen in Deutschland. Bei ihr besteht ein Konzernbetriebsrat. Der Beteiligte zu 1 ist der örtliche fünfköpfige Betriebsrat einer Filiale.

Die Beteiligte zu 2 plante die zentrale Einführung einer Workforce Management Software mit Funktionen hinsichtlich der Personaleinsatzplanung, Bedarfsermittlung, des Zeitmanagement, der Zeiterfassung und des Mitarbeiter-Self-Services. Diese sollte von einem zentralen Server aus gesteuert werden. Die Programmeinführung erfolgte bisher nicht, da sich die Beteiligte zu 2 noch nicht mit dem Gesamtbetriebsrat auf eine entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarung einigen konnte.

Der Beteiligte zu 1 beschloss, schon vor der Einführung zwei Betriebsratsmitglieder zu einem Seminar über die neue Software zu entsenden, in welchem es u.a. um rechtliche Grundlagen und Datenschutz gehen sollte. Er meinte, die dort behandelten Fragen beträfen den Kernbereich der betrieblichen Mitbestimmung. Personalplanung und Überwachung des Datenschutzes gehörten zu seinen Aufgaben. Die Einführung des Systems müsse dafür nicht abgewartet werden.

Der Antrag der Beteiligten zu 1, die Erforderlichkeit der Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG festzustellen und zwei Betriebsratsmitglieder für die Teilnahme von der Arbeit freizustellen, blieb sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG ohne Erfolg.

Die Gründe:
Die Teilnahme zweier Mitglieder des Beteiligten zu 1 am Seminar "Workforce Management" ist nicht erforderlich. Demzufolge sind sie dafür auch nicht von der Arbeit freizustellen (vgl. § 37 Abs. 2, 3 und 6 BetrVG).

Eine Schulung ist erforderlich, wenn ein Betriebsrat sie unter Zugrundelegung der betrieblichen Situation benötigt, um alle anfallenden Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können. Liegt die Erforderlichkeit vor, sind Betriebsratsmitglieder für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und so auch für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen von der Arbeit freizustellen. Es bedarf in diesem Zusammenhang eines aktuellen und betriebsbezogenen Anlasses, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt.

Vorliegend geht es in der Schulung um ein spezielles Thema, bei welchem nicht anzunehmen ist, dass der Betriebsrat dessen Inhalte unabhängig von der betrieblichen Situation zur Aufgabenwahrnehmung benötigt, zumal zu notwendigen Grundkenntnissen alle Betriebsratsmitglieder bereits umfassend geschult wurden.

Des Weiteren besteht für die Einführung und Ausgestaltung der streitgegenständlichen neuen Software eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Diese schließt ein Mitbestimmungsrecht des lokalen Betriebsrats aus. Es handelt sich um eine überbetriebliche Angelegenheit, denn das Programm soll zentral gesteuert werden und Änderungen seitens der einzelnen Filialen sind nicht möglich.

Auch für die Zeit nach Einführung der Software, z.B. hinsichtlich der Überwachung des Datenschutzes, lässt sich ein Schulungsbedarf noch nicht absehen. Es ist zunächst der Abschluss der geplanten Gesamtbetriebsvereinbarung abzuwarten, damit klar ist, welche Informationen allen Beschäftigten vermittelt werden müssen und wo ein örtlicher Betriebsrat ggf. weitergehende Kenntnisse benötigt.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz veröffentlicht.

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