Kein Arbeitslosengeld II wegen eines zu teuren Kfz - Freibetrag verdoppelt sich nicht bei gemeinsamen Autos
LSG Niedersachsen-Bremen 23.8.2017, L 11 AS 35/17Der Kläger zu 2) bezog bis Ende Juni 2015 Arbeitslosengeld I nachdem er seinen Job verloren hatte. Ab Juli 2015 beantragte er zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 1) sowie der volljährigen gemeinsamen Tochter Arbeitslosengeld II nach dem SGB II. Zum Zeitpunkt der Antragstellung verfügten die Kläger neben einem Girokontoguthaben und zwei Kapitallebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von insgesamt ca. 15.600 Euro. Die Klägerin zu 1) hatte einen Minijob und erhielt monatlich ca. 300 Euro netto. Die Tochter verfügte über monatlich bedarfsdeckende Leistungen durch Kindergeld und einer monatliche Ausbildungsvergütung. Außerdem hatte der Kläger zu 2) eineinhalb Jahre zuvor, als er noch arbeitete, einen neuen VW Golf für ca.18.000 Euro gekauft. Der Wagen hat einen aktuellen Zeitwert von ca. 11.000 Euro.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Kläger über verwertbares Vermögen i.H.v. ca.20.500 Euro verfügten und damit oberhalb der Vermögensfreibeträge von 16.050 Euro. Das Jobcenter legte bei der Berechnung nur einen Kfz-Freibetrag i.H.v. 7500 Euro zu Grunde. Die Differenz zwischen dem Zeitwert und dem Freibetrag müsse zunächst für den Lebensunterhalt verwendet werden. Die Kläger könnten ihren Lebensunterhalt zumindest bis Ende Oktober 2015 selbst bestreiten. Später gewährte der Beklagte Leistungen ab 2.10.2015.
Die Kläger waren jedoch der Ansicht, dass der Kfz-Freibetrag für das gemeinsame Auto bei zwei erwachsenen Leistungsberechtigten doppelt angerechnet werden müsse und somit 15.000 Euro betrage. Die Klage gegen den Ablehnungsbescheid hatte weder vor dem SG noch vor dem LSG Erfolg.
Die Gründe:
Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Das SG hat die Klage rechtsfehlerfrei abgewiesen. Die Kläger haben in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.7. bis zum 1.10.2015 keinen Anspruch auf Gewährung von SGB II-Leistungen wegen fehlender Hilfebedürftigkeit.
Hilfebedürftigkeit gem. § 9 Abs. 1 SB II liegt nur dann vor, wenn die Betroffenen ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus ihrem Einkommen oder ihrem Vermögen bestreiten können und keine Hilfe von anderen erhalten. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Als Vermögen sind dabei gem. § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, so wie im vorliegenden Fall auch die beiden Lebensversicherungen der Kläger sowie das Kfz.
Von einer Berücksichtigung als Vermögen ist jedoch gem. § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ein angemessenes Kfz für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person ausgenommen. Das den Klägern gemeinsam gehörende Kfz ist aber nur in Höhe eines Teilbetrags von 7.500 Euro geschütztes Vermögen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG, ist i.d.R. nur ein Kfz mit einem Zeitwert von max. 7.500 Euro als angemessen anzusehen.
Da der Zeitwert des Autos der Kläger den angemessenen Wert um 3.500 Euro übersteigt, ist dieser Differenzbetrag als verwertbares Vermögen anzusehen. Den Klägern steht kein doppelter Freibetrag i.H.v. 15.000 Euro zu. Der Gesetzesswortlaut knüpft an ein angemessenes Fahrzeug für jede erwerbsfähige Person an. Die unterschiedliche Behandlung von einem teuren und zwei günstigen Fahrzeugen ist auch kein Wertungswiderspruch. Sinn und Zweck der Eigentumsprivilegierung bei Kraftfahrzeugen ist es, den Leistungsbeziehern die Aufnahme bzw. Fortführung von Erwerbstätigkeiten zu ermöglichen, zu deren Ausübung ein Kfz erforderlich ist. Es soll die Mobilität geschützt werden und nicht das Vermögen.
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