12.11.2014

Kein Hartz IV für Armutszuwanderer

EU-Ausländer, die nur nach Deutschland kommen, um Sozialleistungen zu beziehen, haben keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung ("Hartz IV"). In den ersten drei Monaten muss der Aufnahmemitgliedstaat nach der Unionsbürgerrichtlinie ohnehin keine Sozialhilfe gewähren. Danach haben nicht erwerbstätige Personen nur dann ein Aufenthaltsrecht, wenn sie über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Aufenthaltsrecht und damit auch kein Anspruch auf sozialhilferechtliche Gleichbehandlung mit Inländern.

EuGH 11.11.2014, C-333/13
Der Sachverhalt:
Kläger des Ausgangsverfahrens sind eine rumänische Staatsangehörige und ihr minderjähriger Sohn. Sie reisten im November 2010 nach Deutschland ein und lebten hier seitdem bei einer Verwandten, die sie mit Naturalien versorgt. Als staatliche Leistungen beziehen sie Kindergeld i.H.v. 184 Euro monatlich sowie einen Unterhaltsvorschuss i.H.v. 133 Euro monatlich. Ihren Antrag auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung ("Hartz IV") lehnte das zuständige Jobcenter ab.

Die Klägerin ist nicht nach Deutschland eingereist, um hier Arbeit zu suchen. Sie hat keinen erlernten oder angelernten Beruf und war bislang weder in Deutschland noch in Rumänien erwerbstätig.

Das mit der Klage befasste Sozialgericht Leipzig setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob der im deutschen Recht vorgesehene Ausschluss von Leistungen zur Grundsicherung für Ausländer, die einreisen, um Sozialhilfe zu erhalten, mit dem EU-Recht vereinbar ist. Der EuGH bejahte dies.

Die Gründe:
Das deutsche Recht verstößt in Konstellationen wie der vorliegenden nicht gegen das EU-Recht. Maßgebliche Rechtsgrundlage ist insoweit die Unionsbürgerrichtlinie. Hiernach ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, während der ersten drei Monate des Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren.

Bei einer Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten, aber weniger als fünf Jahren macht die Richtlinie das Aufenthaltsrecht u.a. davon abhängig, dass nicht erwerbstätige Personen über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen. Damit soll verhindert werden, dass nicht erwerbstätige Unionsbürger das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch  nehmen. Ein Mitgliedstaat muss also in solchen Fällen die Möglichkeit haben, Sozialleistungen zu versagen.

Für den Streitfall folgt hieraus, dass die Kläger mangels ausreichender Existenzmittel kein Aufenthaltsrecht in Deutschland nach der Unionsbürgerrichtlinie geltend machen können. Folglich können sie sich auch nicht auf das in der Richtlinie und der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verankerte Diskriminierungsverbot berufen.

Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 146 vom 11.11.2014
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